Das Klischee vom konsumgeilen Homosexuellen macht schon länger die Runde. Weil er (teilweise auch sie) in der Regel gut verdient und das Geld nicht für Nachwuchs ausgeben muss, wird einem hedonistischen Lebensstil mit heiß laufender Kreditkarte gefrönt. Zwei Wirtschaftswissenschaftler von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder widersprechen jetzt dieser These, wie ihre Hochschule am Freitag mitteilte. Professor Dr. Martin Eisend und Dr. Erik Hermann hatten dafür die bisherigen Befunde zu diesem Thema, die ein uneinheitliches Bild boten, wissenschaftlich ausgewertet.
"Es zeigt sich, dass die sexuelle Orientierung zwar zu verschiedenen Meinungen bezüglich Konsum führt und dass homosexuelle Kundinnen und Kunden tendenziell eher konsumfreudige Haltungen haben; die Unterschiede im tatsächlichen Konsumverhalten sind aber sehr gering und vernachlässigbar", erklärte Marketingexperte Eisend. Die Resultate würden damit den oftmals propagierten Stereotypen von konsumfreudigen homosexuellen Konsumentinnen und Konsumenten widersprechen.
In einer bereits im Januar veröffentlichten Studie im International Journal of Research in Marketing, die jetzt kostenlos für alle erhältlich ist, hatten die beiden Forscher ihre Erkenntnisse veröffentlicht. In dem Papier wird vorgerechnet, dass die Unterschiede zwischen Hetero und Homo kaum messbar sind.
Eisend und Hermann: Firmen sollen mehr mit Homo-Thematik werben
Die Forscher sind in ihren Untersuchungen außerdem der Frage nachgegangen, welche Reaktionen Werbung hervorruft, in der Schwule und Lesben eine Rolle spielen. Auch hier konnten sie kaum Unterschiede in der Wahrnehmung aufgrund der sexuellen Orientierung finden. Negative Reaktionen würden nur in bestimmten Zusammenhängen auftreten, beispielsweise in Abhängigkeit von kulturellen Werten oder wenn die Darstellung der Homosexualität als sehr aufdringlich empfunden wird. Die Wirtschaftswissenschaftler ermuntern daher in ihrer Veröffentlichung Werbetreibende zu mehr Offenheit beim Einsatz von homosexuellen Personen und Symbolen in der Werbung.
In ihrer ebenfalls jetzt frei erhältlichen Studie, die im "Journal of Advertising" erschienen ist, nennen sie als positives Beispiel für derartige Werbung den "Proud Whopper" von Burger King (queer.de berichtete). Dieser komme sowohl bei heterosexuellen als auch bei homosexuellen Kundinnen und Kunden gut an. Einen wesentlichen Unterschied zwischen Hetero und Homo konnten sie dennoch ausmachen: "Indirekte Bilder von homosexuellen Darstellungen wirken in der Gesamtbevölkerung besser, während homosexuelle Konsumenten explizite Bildersprache bevorzugen", heißt es in der Studie. (dk)