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Diskriminierung

Standesamt erkennt "diverse" Person nicht als Elternteil an

Ein hessischen Ehepaar klagt gegen ein Standesamt, weil dieses einen der Elternteile wegen seines Geschlechtseintrags nicht anerkennen wollte.


Ein Standesamt erkennt das leibliche Elternteil nicht an, weil dieses den laut den Beamten "falschen" Geschlechtseintrag im Personalausweis hat (Bild: jelly / pixabay)
  • 15. Mai 2020, 14:11h 29 3 Min.

Ein Ehepaar aus Hessen hat vor dem Amtsgericht Darmstadt Klage wegen Diskriminierung gegen ein Standesamt eingereicht. Der Grund: Das Amt zur Erledigung der im Personenstandsgesetz vorgesehenen Aufgaben wollte eine nicht-binäre Person wegen deren Geschlechtsidentität nicht als Elternteil anerkennen. Unterstützung erhält das Paar von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), einem 2015 gegründeten Juristenverein, der sich dem Ausbau der Grund- und Menschenrechte verschrieben hat.

"Wenn die Eltern verheiratet sind, dann werden Ehemänner bei der Geburt automatisch in die Geburtsurkunde eingetragen. Alle anderen Geschlechter aber nicht", erklärte GFF-Juristin und Verfahrenskoordinatorin Lea Beckmann am Mittwoch. "Gegen diesen klaren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot kämpfen wir vor Gericht."

Das gemeinsame Kind des klagenden Paares Tara und Tony E. war im Februar geboren worden. Tony ist nicht-binär, deshalb steht im Personalausweis als Geschlechtseintrag "divers". Dieser Eintrag ist seit Januar 2019 möglich (queer.de berichtete). Über die Zeugungsfähigkeit sagt er nichts aus.

Standesamt: Kind hat nur ein Elternteil

Das Standesamt weigerte sich aber wegen des Eintrags, Tony als Elternteil anzuerkennen. Aus Sicht des Staates hat das Kind mit Tara damit nur eine Mutter. Tony könnte nur via Stiefkindadoption ein Elternteil werden. Dies ist allerdings ein bürokratischer und langwieriger Prozess.

Zudem könnte die Nicht-Anerkennung schlimme Konsequenzen für das Kind haben: "Dass unsere Tochter jetzt offiziell nur mich als Elternteil hat, ist absurd und eine echte Belastung. Wenn mir in den Jahren, bis die Adoption durch ist, etwas passiert, wäre die Kleine Vollwaise", erklärte Tara.

Für die GFF ist die Weigerung des Standesamtes eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung. Laut der Regelungen zur Eltern-Kind-Zuordnung im Bürgerlichen Gesetzbuch wird ein mit einer Frau verheirateter Mann automatisch zum "Vater" des Kindes, das sie zur Welt bringt (Paragraf 1592 Nr. 1). Seine Anerkennung sei unabhängig davon, ob er biologisch mit dem Kind verwandt ist.

Dass Ehepartner mit divers-Eintrag wie Tony E. nicht als Elternteile anerkannt werden, sei eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – was Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes verbietet. Außerdem verstoße der Gesetzgeber durch die fehlende Anerkennung der Elternschaft gegen die Grundrechte auf besonderen Schutz von Ehe und Familie und auf elterliche Pflege und Erziehung aus Artikel 6 des Grundgesetzes.

Beckmann: Regierung hat diese Familienkonstellation vergessen

"Die für die Eintragung der Eltern in die Geburtsurkunde zuständigen Standesämter und die Gerichte müssen die Regelung zur Eltern-Kind-Zuordnung diskriminierungsfrei auf alle Ehepaare anwenden – also auch, wenn das zweite Elternteil kein Mann ist", so Anwältin Beckmann. "Der Gesetzgeber hat es versäumt, nach der Einführung der 'dritten Option' ausdrücklich zu regeln, was passiert, wenn Menschen mit divers-Eintrag Eltern werden."

Die GFF wendet sich gegen die Diskriminierung von Eltern, die vom "Normalfall" der Mann-Frau-Beziehung abweichen. Sie koordiniert mehrere Gerichtsverfahren, bei denen es um die Anerkennung der Elternschaft geht, darunter auch das Verfahren des Ehepaares Gesa und Verena Akkermann. Auch das lesbische Paar aus dem Landkreis Hildesheim in Niedersachsen kämpft dafür, dass beide ohne den Umweg der Stiefkindadoption als Mütter anerkannt werden (queer.de berichtete).

Die strategischen Prozesse hätten für die GFF das Ziel, gleiche Rechte für alle Eltern und ihre Kinder durchzusetzen. Auf die Regierung sei in dieser Frage kein Verlass: "Dass der Gesetzgeber von sich aus tätig wird und die Diskriminierung tausender Familien beendet, ist nicht abzusehen. Es bleibt uns deshalb nichts anderes übrig, als gemeinsam vor Gericht zu ziehen und für Grundsatzurteile zu streiten", so Beckmann.

Mitte Februar hatte der Bundestag eine Reform des Abstammungsrechts beschlossen, das aber an der Diskriminierung von Regenbogenfamilien festhielt (queer.de berichtete). (dk)

#1 YannickAnonym
  • 15.05.2020, 14:37h
  • Das passiert, wenn Union und SPD Murks-Gesetze machen.

    Aber bei dieser Regierung ist mit einer Korrektur nicht mehr zu rechnen.

    Muss man wohl notfalls wieder bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Als ob die nichts anderes zu tun hätten, als immer die Fehler der Regierung auszubügeln und deren Arbeit zu machen.
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#2 MehrInfirmationAnonym
  • 15.05.2020, 15:08h
  • Der Artikel bräuchte eine wichtige Information: hat das Standesamt überhaupt den Ermessensspielraum diverse Menschen anzuerkennen? Falls nicht, kann man den Leuten dort doch keinen Vorwurf machen. Wenn ich Englisch unterrichte kann ich doch auch nicht einfach Mathenoten eintragen...

    Der Skandal scheint hier das Gesetz zu sein, nicht das Standesamt...
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#3 GirlygirlEhemaliges Profil
  • 15.05.2020, 17:58h
  • Ich dachte "divers" sei nur für Menschen mit medizinisch bestätigten intergeschlechtlichen Merkmalen, die angeboren sind?
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