"Homo-Heiler" wollen meist aus religiösen Gründen die "falsche" sexuelle Orientierung verändern oder unterdrücken – Problem: Das klappt nicht
Der Verein Wüstenstrom betreibt keine Solarparks in der Sahara, sondern wirbt seit 1994 dafür, dass Homosexualität von Männern "veränderbar" sei. Er war jahrelang die deutsche Speerspitze der "Ex-Gays" oder "Homo-Heiler", die meist aus religiöser Motivation heraus Homo- und teilweise auch Transsexuelle bekehren wollten. Homosexualität wurde und wird von Küchenpsychologen als Defekt dargestellt, der beispielsweise auf eine zu dominante Mutter zurückzuführen sei.
Echte Mediziner schlagen bei solchen Äußerungen die Hände über dem Kopf zusammen. Der Weltärztebund betont deshalb seit Jahren, dass "Homo-Heilung" Menschen in die Depressionen, den Drogenkonsum oder sogar in den Selbstmord treiben kann und deshalb eine Menschenrechtsverletzung darstelle (queer.de berichtete).
Doch auch heute predigen meist christlich motivierte Aktivisten in Deutschland, dass man seine Homo- oder Transsexualität überwinden könne und dann ein gottgefälliges Leben auf einen warte. "Wüstenstrom" hat inzwischen viele Namen – der umtriebige "Homo-Heiler" Markus Hoffmann, der fast im Alleingang den Laden der "Selbsthilfegruppe" schmeißt, nannte seinen Verein zunächst in "Institut für dialogische und identitätsstiftende Seelsorge und Beratung" (IdiSB) um, dann ging daraus die "Bruderschaft des Weges" hervor. Dabei kümmere man sich nun angeblich um Personen, die ihre "individuell konflikthaft empfundene Sexualität" nicht ausleben wollten.
"Verbannung" aus der deutschen Öffentlichkeit
Derzeit spielen sich Hoffmann und Co. als Opfer deutscher Politik auf. Es geht dabei speziell um das vor zwei Wochen vom Bundestag beschlossene Teilverbot von "Konversionstherapien" (queer.de berichtete). Die "Bruderschaft" beklagt auf ihrer Website, dass ihre Mitglieder durch das neue Gesetz "diskriminiert" werden würden. Das Werbeverbot für "Konversionstherapien" könne als Folge haben, dass "authentische Zeugnisse des Umgangs" mit der eigenen Sexualität aus der Öffentlichkeit "verbannt" werden würden. Man habe sich deshalb dazu entschlossen, einen Verein in der Schweiz zu gründen. Bisher waren "Wüstenstrom" und Co. in Tamm, dem schwäbischen Kernland der deutschen Pietisten, angesiedelt.

In dem für "Homo-Heiler" üblichen wirren Mix aus irreführenden Halbwahrheiten erklärte die "Bruderschaft", dass man sich "mehrfach für ein Verbot von Konversionsbehandlungen ausgesprochen" habe. Bei den Brüdern sei die Sexualität lediglich "im Zuge eines ergebnisoffenen Prozesses" mit "Selbsthilfe, Seelsorge oder Beratung" begleitet worden. "Jetzt muss man aber erkennen, dass die Absicht des Gesetzes den Brüdern das Recht nimmt, aus ihrem Leben und von ihren Erfahrungen im Umgang mit ihrer Sexualität zu berichten", heißt es auf der Website.
"Homo-Heiler" erklären sich zur neuen unterdrückten Minderheit
Der Verein übernimmt sogar das Schlagwort vom "Minderheitenstress": "Vor allem erhöht es den Stress einer Minderheit, die jetzt privat oder öffentlich ihre Not oder ihren Wunsch, in Gruppen und christliche Gemeinden integriert zu werden, nicht mehr kommunizieren kann." "Viele" würden sich jetzt Sorgen machen, "dass sie Berater oder Seelsorger allein durch ihr individuelles Erleben in Gefahr bringen könnten, nur weil sie sich Begleitung für ihre besondere Lebenssituation wünschen". Mit der Gründung des Vereins im Ausland wolle man "auch weiterhin für die Menschen eintreten, die […] sich frei und selbstbehauptend einen Zugang zum Verstehen ihrer Sexualität erarbeiten wollen".
Immer noch haben Hoffmann und Co. Einfluss auf die Debatte um Akzeptanz von Homosexualität in Deutschland: Zwar werden "Homo-Heiler" und ihr Umfeld heutzutage nicht mehr wie noch 2013 von Bundeskanzlerin Angela Merkel umgarnt. Bei Veranstaltungen werben sie aber – teilweise getarnt – für ihre Sache.
Ein Beispiel: Vor wenigen Monaten berichtete die Siegener Lokalzeitung völlig unkritisch darüber, wie Hoffmann bei einer evangelischen Veranstaltung erzählt habe, "welche Not bei vielen jüngeren homosexuell Empfindenden vorliege, eine finale sexuelle Orientierung zu finden" (queer.de berichtete).
Den Verein Exodus International, das amerikanische Vorbild der deutschen "Homo-Heiler", gibt es übrigens seit Jahren nicht mehr. Die einst größte "Ex-Gay"-Gruppe der Welt löste sich bereits 2013 auf – und entschuldigte sich bei Menschen, "denen wir geschadet haben" (queer.de berichtete). Ob wir auch noch eine Entschuldigung von Markus Hoffmann erleben werden?