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Diskriminierender Gesetzentwurf
Appell von LGBTI-Aktivisten: Bundesrat soll Adoptionshilfe-Gesetz so nicht akzeptieren
Zum Entsetzen von queeren Organisationen beschneidet die Bundesregierung die Rechte von Regenbogenfamilien, anstatt sie mit heterosexuellen Familien gleichzustellen. Alle Hoffnungen ruhen nun auf der Länderkammer.

suburbandk / flickr) Wird der Bundesrat die zunehmenden Diskriminierung von Regenbogenfamilien stoppen? (Bild:
- 29. Mai 2020, 08:36h 4 Min.
LGBTI-Aktivisten haben scharfe Kritik daran geübt, dass der Bundestag am Donnerstag das Adoptionshilfe-Gesetz beschlossen hat, das die Rechte von Regenbogenfamilien einschränkt. In dem Gesetzentwurf wird es der Ehepartnerin der leiblichen Mutter durch eine Zwangsberatung noch erschwert, ein Kind zu adoptieren (queer.de berichtete).
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) appellieren daher an den Bundesrat, das zustimmungspflichtige Gesetz durchfallen zu lassen. "Wir fordern die Landesregierungen unter Beteiligung von FDP, Grüne und Linke dazu auf, das Adoptionshilfe-Gesetz so nicht passieren zu lassen, sondern den Vermittlungsausschuss anzurufen, um diesen Punkt des Gesetzes zu ändern", so LSVD-Vorstandsmitglied Gabriela Lünsmann am Donnerstagabend. Sie kritisierte "die bewusste Ignoranz von SPD und Union gegenüber einem konkreten Formulierungsvorschlag, der diese Verschlechterung zumindest verhindert hätte".
"Auch Bundesfamilienministerin Giffey hat es als zuständige Ministerin versäumt, ihrer oft erklärten Unterstützung von Regenbogenfamilien hier einmal Taten folgen zu lassen. Sehenden Auges werden Zwei-Mütter-Familien nun zu Leidtragenden einer seit Jahren verschleppten Reform des Abstammungsrechts gemacht", erklärte Lünsmann weiter. Die Regelung betreffe dabei nicht nur die lesbischen Frauen, sondern gehe "zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder, die in Regenbogenfamilien aufwachsen".
BASJ an Bundesrat: Halten Sie Lesben pauschal für die schlechteren Mütter?
Dirks Siegfried vom BASJ hat in einem Brief an die 16 deutschen Landesregierungen ebenfalls gefordert, "dem jetzigen Gesetz nicht zuzustimmen". "Nur so lässt sich dokumentieren, dass Sie lesbische Mütter nicht für schlechter halten als heterosexuelle".
Eigentlich gibt es in der Länderkammer eine gute Ausgangsposition: Die Grünen, die die Diskriminierung im Bundestag scharf kritisiert hatten, sind in elf von 16 Landesregierungen vertreten. Die beiden Regierungsfraktionen Union und SPD, die alleine dem Gesetz zugestimmt hatten, regieren dagegen nur in drei von 16 Ländern gemeinsam. Allerdings enthält das Gesetz viele unstrittige und lange geforderte Änderungen wie das Verbot der unbegleiteten Auslandsadoption – eine Verzögerung wegen dieser Angelegenheit könnte daher von Union und SPD in der öffentlichen Debatte als Kaltherzigkeit gegenüber Adoptivkindern vermarktet werden.
Die beiden queeren Parteiorganisationen Lesben und Schwule in der Union (LSU) und SPDqueer ducken sich bei diesem Thema in sozialen Medien weg: Die queeren Sozialdemokraten lobten stattdessen ihre Rednerin Susann Rüthrich, die jegliche Verantwortung schlicht auf die Union abwälzte, auf Facebook für ihre angeblich "klaren Worte" – diese hinderten sie allerdings nicht daran, dem diskriminierenden Gesetz zuzustimmen. Im Vorfeld hatte die SPDqueer allein CDU-Abgeordneten um Silke Launert die Schuld an der diskriminierenden Regelung gegeben (queer.de berichtete).
SPD-Fraktion: "Wir werden nicht locker lassen"
Die SPD-Fraktion verbreitete zudem ein Statement ihres queerpolitischen Sprechers Karl-Heinz Brunner mit den Worten: "Wir werden hier nicht locker lassen und versuchen, diese offenen Fragen im Abstammungsrecht zu lösen." Auch hier wurde dem Koalitionspartner alle Schuld gegeben, aber nicht erklärt, warum die sozialdemokratische Fraktion erst einer Zunahme der Diskriminierung von Regenbogenfamilien zugestimmt hat, um diese später angeblich wieder mit dem gleichen Koalitionspartner abschaffen zu wollen.
Twitter / spdbt"Die Blockade der Union zeigt, dass in manchen Teilen der Union noch ein Familienbild aus dem vergangenen Jahrhundert vorherrscht", sagt @BrunnerGanzOhr. Wir werden hier nicht locker lassen und versuchen, diese offenen Fragen im Abstammungsrecht zu lösen. https://t.co/4kLEPzvS3e https://t.co/RxdM2YvkXu
SPD-Fraktion im Bundestag (@spdbt) May 28, 2020
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Die demokratische Opposition setzt unterdessen die Kritik am Gesetzentwurf fort. "Wir haben die #EheFürAlle. Wir brauchen auch die Familie für alle", erklärte etwa der FDP-Abgeordnete Daniel Föst auf Twitter. Ulle Schauws von den Grünen ergänzte: "Krass. Die CDU/CSU will Diskriminierung von Zwei-Mütter- Familien mit Kindern fortsetzen." Dies sei schwer erträglich. "Ich werde nicht aufhören, für die Gleichstellung zu kämpfen", versprach die Abgeordnete. (dk)
Twitter / DFoestDas neue #Adoptionshilfegesetz verschärft die #Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien. Wir haben die #EheFürAlle. Wir brauchen auch die Familie für alle.https://t.co/LFpWpCglMu pic.twitter.com/bRMgnD0R8L
Daniel Föst (@DFoest) May 28, 2020
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Twitter / ulle_schauwsKrass. Die CDU/CSU will Diskriminierung von Zwei-Mütter- Familien mit Kindern fortsetzen. Das zeigt mein Schlagabtausch mit CDU in der Debatte zur Adoptionshilfe sehr deutlich. Schwer erträglich! Ich werde nicht aufhören,für die Gleichstellung zu kämpfen https://t.co/SNc8iBxIpI
Ulle Schauws (@ulle_schauws) May 28, 2020
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Die rechtliche Lage sieht derzeit vor, dass in einer gleichgeschlechtlichen Ehe nur die leibliche Mutter eines Kindes als Elternteil anerkannt wird. Die Ehefrau muss dagegen den langen und bürokratischen Weg einer Stiefkindadoption durchlaufen – und sich mit dem neuen Gesetz nun auch noch einer Zwangsberatung unterziehen. Bei heterosexuellen Eheleuten wird dagegen der Vater automatisch als Elternteil anerkannt, selbst wenn er nicht der leibliche Vater ist. Sogar ohne Ehe können verschiedengeschlechtliche Paare nach einer Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch ohne Adoption gemeinsam Eltern werden – und zwar unabhängig von der biologischen Vaterschaft. Lesbische Frauen bleibt wegen ihrer sexuellen Orientierung dieser Weg ebenfalls versperrt. (dk)

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Da ist unsere letzte Hoffnung der Bundesrat.
Und dass Union und SPD bald aus der Regierung verschwinden und dieser Groko-Spuk bald ein Ende hat.