Zwei Jahre lang war der umstrittene Diplomat Richard Grenell der erste offen schwule US-Botschafter in Berlin. Jetzt hat aber seine Stellvertreterin Robin Quinville dieses Amt vorläufig übernommen, wie Botschaftssprecher Joseph Giordono-Scholz am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Nach Angaben des Sprechers soll Grenell der US-Sondergesandte für Serbien und das Kosovo bleiben. Dieser Posten ist nicht beim US-Außenamt, sondern beim Weißen Haus angesiedelt.
Grenell habe seinen Rücktritt bereits am Montagabend in Washington bei einem Besuch bei US-Präsident Donald Trump erklärt. Seinen Posten als geschäftsführender Geheimdienstkoordinator der amerikanischen Regierung hatte der 53-Jährige bereits in der vergangenen Woche abgegeben.
Nun wird darüber spekuliert, ob Grenell im Wahlkampfteam des US-Präsidenten einen neuen Job finden wird. Immerhin gilt er als einer der treuesten Trump-Vasallen, der gerne im Republikaner-Sender Fox News Channel den US-Präsidenten in wenig diplomatischen Interviews gegen alle Kritik verteidigte, etwa bei der Russland-Affäre.
Der Berliner Einpeitscher Trumps
Als Botschafter in Berlin hatte Grenell, der kein Deutsch spricht, seine Aufgabe stets darin gesehen, die Politik Trumps in Deutschland und Europa offensiv zu verteidigen – seine undiplomatischen Äußerungen brachten ihn in Berlin nur wenige Freunde ein. Ein gutes Verhältnis hatte er aber offenbar zum ebenfalls offen schwulen und ebenfalls – zumindest zeitweise – mit Populismus flirtenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), mit dem er sich vergangenes Jahr beim CSD Berlin ablichten ließ (queer.de berichtete).
Die deutsche Bundesregierung nervte er allerdings oft mit undiplomatischen Handlungsanweisungen sowie scharfer öffentlicher Kritik an der Politik Berlins, wenn diese auch nur ein wenig den von Trump vorgegebenen US-Interessen zuwiderlief. Kritiker*innen bezeichneten ihn als eine Art Einpeitscher, der sich mit dem eigenen Präsidenten gut stellen wollte.
Immer wieder kritisierte Grenell auch Homosexuellenverfolgung – allerdings nur in Ländern wie dem Iran, die Trump als Gegner ansieht (queer.de berichtete). Dagegen äußerte er sich nie negativ über ein Land wie Saudi-Arabien, das zwar die Todesstrafe gegen Homosexuelle verhängt, aber gleichzeitig US-Verbündeter ist. Mehrmals kündigte er auch an, weltweit gegen Staatshomophobie vorzugehen, etwa keine Geheimdienstdaten mit Verfolgerstaaten auszutauschen (queer.de berichtete). Konkrete Änderungen an der US-Politik gab es bislang aber keine.
Langjährige Karriere in Republikanischer Partei
Der aus einem evangelikalen Elternhaus in Michigan stammende Grenell hatte bereits vor seinem Botschafter-Gig in Berlin eine lange Karriere bei den US-Republikanern hinter sich: Nach seinem Studium an einer von der evangelikalen Pfingstbewegung betriebenen Privat-Hochschule sowie an der Universität Harvard arbeitete er für mehrere republikanische Politiker, darunter den New Yorker Gouverneur George Pataki, für US-Senator John McCain und den Kongressabgeordneten Dave Camp. Grenells diplomatische Laufbahn begann im Jahr 2001, als er vom damaligen Präsidenten George W. Bush zum US-Sprecher bei den Vereinten Nationen ernannt wurde. Diese Rolle hatte er bis 2008 inne, länger als jeder andere. Danach gründete er ein Beratungsunternehmen für Medien und war als republikanischer Kommentator in US-Nachrichtensendern, insbesondere im Fox News Channel, tätig.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2012 war Grenell der außenpolitische Sprecher des republikanischen Kandidaten Mitt Romney. In der aufgeheizten politischen Atmosphäre wurde er aber wegen seiner Homosexualität von konservativen Republikanern attackiert und musste schließlich das Amt aufgeben (queer.de berichtete). 2016 warb er bereits früh für den zunächst als aussichtslos geltenden Kandidaten Donald Trump und verteidigte ihn auch nach seinem Amtsantritt gegen jegliche Kritik. Damit verdiente er sich offenbar den Botschafterposten, da der US-Präsident bekanntlich bedingungslose Loyalität schätzt. Für LGBTI-Rechte in seinem eigenen Land hat sich Grenell bislang nicht offen eingesetzt. (dk)