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Berlin
Gericht: "Liebig 34" kann geräumt werden
Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin müssen die Bewohner*innen das "anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig 34" im Stadtteil Friedrichshain verlassen.

Eine "Wanne" in Berlin: Der Hauseigentümer kann nun die Polizei um Unterstützung bei der Räumung bitten (Bild: Hsing Wei / flickr)
- 3. Juni 2020, 09:57h 2 Min.
Die Bewohner*innen der "Liebig 34" in Berlin-Friedrichshain sollen nach einem Urteil des Landgerichts ihr Haus verlassen. Nach monatelangem Rechtsstreit wurde am Mittwoch der Räumungsklage des Hausbesitzers stattgegeben. Der Anwalt des Bewohner*innen-Vereins, Moritz Heusinger, kündigte sogleich an, Einspruch gegen das Urteil einzulegen. Er werde auch beantragen, die Vollstreckung auszusetzen. Das Projekt in der Liebigstraße 34 gilt als eines der letzten Symbole der linksradikalen Szene in der Stadt.
In dem Urteil wurde auch festgelegt, dass der Bewohner*innen-Verein, der sich als "anarcha-queer-feministisches Hausprojekt Liebig 34" bezeichnet, knapp 20.000 Euro an den Eigentümer zahlen muss. Nutzungsgebühren waren laut Gericht nicht regelmäßig gezahlt worden. 2018 endete der auf zehn Jahre befristete Gewerbemietvertrag, den der Verein mit dem Hausbesitzer abgeschlossen hatte. Dieser hatte den Bewohner*innen gekündigt. Weil sie nicht ausziehen wollen, klagte er.
Das Urteil wurde nicht begründet
Die Verkündung der Entscheidung dauerte nur wenige Minuten. Eine Begründung gab der Vorsitzende Richter nicht. Das sei bei einem Versäumnisurteil nicht vorgesehen. Da der Anwalt des Bewohner*innen-Vereins die Verhandlung im Januar verlassen und bei den Zuschauer*innen Platz genommen hatte, habe er nicht verhandelt und sei damit säumig. Dann sei das Gericht den Argumenten des Klägers gefolgt, da sie schlüssig seien.
Laut Gericht kann der Eigentümer einen Gerichtsvollzieher beauftragen, wenn die Bewohner*innen nicht freiwillig gehen. Dieser könnte die Polizei um Unterstützung bei der Räumung bitten.
Die Klägerseite war nicht erschienen. Der Zivilprozess war in das Kriminalgericht verlegt worden, da es zum Prozessauftakt im November zu Tumulten gekommen war. Vor dem Verhandlungstag im Januar hatten mutmaßlich Linksautonome einen Anschlag mit stinkender Buttersäure auf das Auto eines Rechtsanwalts des Hausbesitzers verübt.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Am Mittwoch herrschten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Beamte in schusssicheren Westen waren vor dem Gerichtssaal, draußen Mannschaftswagen aufgefahren. Auch Schuhe wurden kontrolliert, Handys mussten abgegeben werden.
Bei einer Demonstration für den Erhalt des Wohnprojekts in der Liebigstraße gab es am Dienstagabend laut Polizei 160 Festnahmen. Bis zu 300 Menschen waren durch die Straßen um den Boxhagener Platz gezogen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 350 Einsatzkräften vor Ort gewesen. Die Demonstranten zündeten Pyrotechnik und bengalische Feuer. Die Beamt*innen waren nach eigenen Angaben vom Mittwoch auf weitere mögliche Einsätze vorbereitet. (dpa/cw)














