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Land bald "LGBT-freie Zone"?
Polen: Staatspräsident stellt homofeindliches Wahlmanifest vor
In der Absichtserklärung verpflichtet sich Andrzej Duda unter anderem, keine Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen und Kinder vor einer "LGBT-Ideologie" zu schützen.

#DUDA2020 / twitter, Pixel durch queer.de) Bei der Wahlkundgebung zum vermeintlichen "Schutz von Kindern" trugen weder der Präsident noch Erwachsene oder Kinder Gesichtsmasken oder hielten Abstand voneinander (Bild:
- 10. Juni 2020, 14:23h 3 Min.
Der polnische Staatspräsident Andrzej Duda hat am Mittwoch überraschend eine "Familien-Charta" vorgestellt, die Wahlversprechen für eine zweite Amtszeit im Bereich der Familienpolitik enthält. In mehreren Punkten liest sich das Dokument wie die umstrittenen Resolutionen von rund 100 Gemeinden, Städten und Regionen aus den letzten Monaten zu quasi "LGBT-freien Zonen". Twitternutzer kommentierten den Auftritt des Präsidenten auf einem Spielplatz bereits mit der Befürchtung, er wolle ganz Polen zu einer "LGBT-freien Zone" machen.
Der 48-Jährige sagte laut Medienberichten zu der Vorstellung des Manifests vor Kindern und Eltern: "Die 'Familien-Charta' ist eine Verteidigung der Institution der Ehe als Verbindung aus Mann und Frau. (…) Ich habe keinen Zweifel daran, dass es keine Einführung der Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare geben kann. Dies ist eine fremde Ideologie."
"Die polnische Familie braucht angemessene Lebensbedingungen, ohne Angst vor Armut oder der Bedrohung durch Ideologien, die sie zerstören", heißt es in der Charta. Neben einem Einsatz für familienfreundliche Arbeitsplätze oder verstärkten Schutz vor häuslicher Gewalt verspricht der Präsident in den Stichpunkten des kurzen Manifests tatsächlich die "Verteidigung der Ehe" als "Beziehung aus Mann und Frau" sowie "keine Zustimmung zur Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare".
Keine "Propagagierung von LGBT-Ideologie"
Ferner verspricht das Manifest einen "Schutz von Kindern vor LGBT-Ideologie" und ein "Verbot der Propagierung von LGBT-Ideologie in öffentlichen Institutionen". Für Sexualaufklärung seien vor allem Eltern verantwortlich, die auch grundsätzlich über den Geist des Schulunterrichts und außerschulischer Aktivitäten zu entscheiden hätten (das Parlament hatte kürzlich einen von Homo-Hassern erstellten Gesetzentwurf zum praktischen Verbot von Sexualerziehung beraten. Heimunterricht müsse erleichtert werden, so Duda ferner. Die Charta sei eine Verpflichtung, die er als Präsident strikt befolgen werde. Nach diesen Prinzipien werde er über die Unterzeichnung von Gesetzen entscheiden.
[ENGLISH VERSION BELOW] ? Panie Prezydencie, nie istnieje co? takiego jak wyssana z homofobicznego palca ?ideologia…
Gepostet von Kampania Przeciw Homofobii am Mittwoch, 10. Juni 2020
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Nach einer Corona-bedingten Verschiebung der Wahl stimmen die Polen am 28. Juni über ihr neues Staatsoberhaupt ab. Nachdem die konservativ-liberale Bürgerplattform (PO) ihre Spitzenkandidatur auswechselte, gilt der Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski als der Herausforderer mit den größten Chancen. Die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) nutzte die Kandidatur des Kontrahenten, um nach dem Europa- und Parlamentswahlkampf im letzten Jahr erneut auf Homo- und Transphobie im Wahlkampf zu setzen.
Trzaskowski hatte Anfang 2019 eine "Regenbogen-Erklärung" unterzeichnet, mit der sich die Stadt Warschau unter anderem zu umfassender Sexualaufklärung an Schulen verpflichtet, die auch queere Themen aufgreift. Die PiS reagierte darauf mit monatelanger homo- und transphober Stimmungsmache, verstärkt durch regierungsnahe Medien und soziale Netzwerke. Spätestens in der letzten Woche begann die nächste Runde, als Ministerpräsident Mateusz Morawiecki im Parlament warnte, Trzaskowski stehe für einen Plan, der die Familie bedrohe. Nur die PiS werde die Familie und Kinder vor "ideologischen Experimenten" bewahren. (nb)
