Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am Montag in seinen auf Homo- und Transphobie setzenden Wahlkampf trotz Kritik aus dem In- und Ausland nachgelegt. Bei einer Wahlkampfrede in Lublin meinte der 48-Jährige, er werde für "die Weigerung angegriffen, ideologische Inhalte in die Schule zu schmuggeln". Auf diese "ideologisch motivierten Angriffe" der Kritiker habe er nur eine Antwort: Worte vom polnischen Papst Johannes Paul II., der eine "moralische Autorität für die ganze Welt" sei.
Dann zitierte Duda aus einem Buch des Verstorbenen, wonach "der Druck des Europäischen Parlaments, homosexuelle Beziehungen als eine andere Form der Familie anzuerkennen, die auch das Recht auf Adoption beinhaltet", eine "Verletzung des Gesetzes Gottes" und eine "Ideologie des Bösen" sei. Diese versuche, "Menschenrechte gegen die Menschheit und die Familie einzusetzen".
In eigenen Worten betonte Duda weiter: "Wir können nicht zulassen, dass uns unsere Familie genommen wird. Wir müssen sie mit aller Kraft schützen. Wir müssen diesen ideologischen Hurrikan überleben."
Wahl-Kreuzzug gegen "Ideologie"
Der von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS aufgestellte Duda, der bei der Wahl am 28. Juni für eine zweite Amtszeit antritt, hatte am Samstag bei einer Rede in Niederschlesien mit Blick auf sexuelle und geschlechtliche Minderheiten gesagt: "Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie" (queer.de berichtete). Wenige Tage zuvor hatte er eine homo- und transfeindliche "Familien-Charta" vorgestellt, in der er sich unter anderem verpflichtet, die Ehe als "Verbindung aus Mann und Frau" zu "schützen" und keine Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen. Auch verspricht er einen "Schutz von Kindern vor LGBT-Ideologie" und ein "Verbot der Propagierung von LGBT-Ideologie in öffentlichen Institutionen" (queer.de berichtete).
Twitter / boklazec | Die Regenbogen-Gegenproteste in Lublin waren auch im Fernsehen zu sehen
Nach Berichterstattung und Kritik in internationalen Medien hatte er diese am Wochenende beschuldigt, ein "schmutziges politisches Spiel" gegen ihn zu spielen (queer.de berichtete). In Lublin mit Gegendemonstrant*innen mit Regenbogenflaggen konfrontiert, sagte er: "Ich versichere meinen Landsleuten, die hier unter der Regenbogenfahne stehen, dass, obwohl wir uns unterscheiden, weil ich unter der weiß-roten Flagge [Polens] stehe, uns das nicht davon abhält, einander zu respektieren." Die Demonstrant*innen hatten unter anderem gerufen: "Wir sind Menschen, keine Ideologie."
Kritik von EU-Kommissarin, Elio Di Rupo und einer Mutter
Kritik an Duda kam am Montag auch aus der EU: Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova sagte: "Ich finde es wirklich traurig, dass sich im modernen Europa Politiker in hochrangigen Ämtern dazu entscheiden, Minderheiten für einen potenziellen politischen Gewinn anzugreifen", so die tschechische Politikerin während einer Ausschusssitzung des Europäischen Parlaments. Sie nannte Duda dabei nicht namentlich.
Deutlichere Kritik übte der frühere belgische Premierminister Elio Di Rupo. Der schwule Sozialdemokrat forderte bei Twitter die Kommission auf, den Rat um ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags zu bitten – bei schwerer Verletzung von EU-Werten können u.a. Stimmrechte beschnitten werden. Die Äußerungen des polnischen Präsidenten seien inakzeptabel und "unglaublich gewalttätig", so Di Rupo, der auch eine Kürzung oder Streichung von Hilfsgeldern ins Spiel brachte. Die EU-Komission hatte bereits einige "LGBT-freie Zonen" mit entsprechender indirekter Warnung angeschrieben (queer.de berichtete).
Auch im Inland gab es Kritik, so meinte Polens Ombudsmann für Menschenrechte, Adam Bodnar, es gebe "keinerlei Umstände, auch keine Wahlkampagne, die die Entmenschlichung einer Gesellschaftsgruppe und homophobe Rhetorik rechtfertigen" (queer.de berichtete). In dem Wahlkampf zielt Duda zum einen auf die konservative, katholisch geprägte Wählerschaft der PiS, zum anderen aber auch auf seinen gefährlichsten Herausforderer im Rennen um die Präsidentschaft. Der Warschauer Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, der für die liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) an den Start geht, hatte Anfang 2019 eine "Regenbogen-Erklärung" unterzeichnet, mit der sich die Stadt Warschau unter anderem zu umfassender Sexualaufklärung an Schulen verpflichtet, die auch queere Themen aufgreift.
Während Trzaskowski die Angriffe bislang vorsichtig und überwiegend allgemein zurückweist, verteidigt Robert Biedron, der (laut Umfragen chancenlose) Kandidat des Mitte-Links-Bündnisses Lewica, LGBTI-Rechte immer offensiver. Der offen schwule Politiker erhält dabei Unterstützung von seiner Mutter: Mit anderen Eltern homosexueller Kinder demonstrierte sie am Montag vor dem Präsidentenpalast in Warschau. "Wir haben Angst um unsere Kinder", sagte Helena Biedron in einer Rede. "Wir wollen sie nicht verlieren, weil jemand, der verletzende Worte hört, beschließt, sie zu schlagen, zu spucken, zu ermorden." Duda, selbst Vater, sollte sich auf die Seite der Schwächeren stellen. (nb/dk)
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Duda über LGBT: Papst Johannes Paul II. sprach von "Ideologie des Bösen"
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Das spricht aber nicht für die Richtigkeit dieser Thesen, sondern eher gegen den Papst.
Wer Liebe verachtet und insbesondere auch christliche Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, etc. mit Füßen tritt, ist alles andere als christlich.
Aber das hat der Papst ja nicht nur bei LGBTI gezeigt, sondern auch bei seiner Meinung zu Kondomen, was dafür gesorgt hat, dass in streng gläubigen Dritte-Welt-Staaten zahlreiche Menschen an vermeidbaren Krankheiten gestorben sind und Millionen Waisenkinder verhungert sind oder zu Sklaven wurden.
Ist das christlich?