Deutschlands Außenminister Heiko Maas hat seinen Besuch am Dienstag in der polnischen Hauptstadt Warschau nicht dazu genutzt, die jüngsten LGBTI-feindlichen Ausfälle des polnischen Präsidenten Andrzej Duda öffentlich zu verurteilen. Er wolle nicht belehrend wirken, meinte der SPD-Politiker bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem polnischen Amtskollegen Jacek Czaputowicz vor der Presse. Auch Deutschland habe im Minderheitenschutz noch Nachholbedarf, so der Minister, der auf Diskriminierung und Rassismus verwies.
Der von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS aufgestellte Duda, der bei der Wahl am 28. Juni für eine zweite Amtszeit antritt, hatte am Samstag mit Blick auf sexuelle und geschlechtliche Minderheiten gesagt: "Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie" (queer.de berichtete). Wenige Tage zuvor hatte er eine homo- und transfeindliche "Familien-Charta" vorgestellt, in der er sich unter anderem verpflichtet, die Ehe als "Verbindung aus Mann und Frau" zu "schützen" und keine Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen. Auch verspricht er einen "Schutz von Kindern vor LGBT-Ideologie" und ein "Verbot der Propagierung von LGBT-Ideologie in öffentlichen Institutionen" (queer.de berichtete). Zuletzt erinnerte Duda bei einem Wahlkampfauftritt am Montag daran, dass Papst Johannes Paul II. im Zusammenhang mit LGBT von der "Ideologie des Bösen" gesprochen habe (queer.de berichtete).
Rücksicht auf den "lieben Jacek"
Heiko Maas habe "offenbar aus Rücksicht auf den polnischen Außenminister, den 'lieben Jacek', und aus Sorge, sich in den polnischen Wahlkampf einzumischen, diese offene Diskriminierung nicht klar verurteilt", fasst die Tageszeitung "Welt" (Paywall-Artikel) die Pressekonferenz in Warschau zusammen. Kritik äußerte der deutsche Außenminister, wenn überhaupt, nur vorsichtig. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland schreibt: "Zu den 'LGBT-freien Zonen' hat der Minister allerdings eine klare Haltung: Diese stünden 'nicht in Einklang mit den Grundwerten der Europäischen Verträge'."
In Berlin fand Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) parallel deutlichere Worte. "Europa, das ist der Ort, an dem wir alle ohne Angst verschieden sein können und verschieden sein müssen", sagte der schwule Politiker gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. "Bei uns ist kein Platz für Ressentiments, für Rassismus, für Homophobie, für Demokratieverachtung."
Roth fügte hinzu: "Und deswegen ist es auch kein Wahlkampf wert, dass Stimmung gemacht wird gegen Minderheiten gleich welcher Art, seien es ethnische Minderheiten, seien es kulturelle Minderheiten, seien es religiöse oder eben auch sexuelle Minderheiten. Das passt nicht zu Europa." (mize/dpa)