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Österreich

Kritik an Schwarz-Grün: "Nur offen homo­sexuell zu sein, ist noch kein Verdienst"

Die Regierungskoalition von Kanzler Kurz weigert sich, Homo- und Bisexuelle vor Diskriminierung zu schützen – schwule und lesbische Abgeordnete von ÖVP und Grünen halten still.


Im Nationalrat haben seit der letzten Wahl ÖVP und Grüne das Szepter als Regierungsparteien übernommen (Bild: Dennis Jarvis / flickr)

  • 24. Juni 2020, 13:42h 7 3 Min.

LGBTI-Aktivst*­innen haben scharfe Kritik an der österreichischen Bundes­regierung geübt, weil diese immer wieder einen umfassenden Diskriminierungsschutz von sexuellen Minderheiten ablehnt. Das Rechtskomittee Lambda kritisiert nun direkt die offen homo­sexuellen Abgeordneten aus den Regierungfraktionen. Derzeit sind sechs der 97 Mitglieder der christsozialen ÖVP und der Grünen im Wiener Nationalrat offen schwul oder lesbisch (ÖVP: Martina Kaufmann und Nico Marchetti, Grüne: Meri Disoski, Faika El-Nagashi, Ewa Ernst-Dziedzic und David Stögmüller).

Die 1991 gegründete LGBTI-Organisation Rechtskomitee Lambda (RKL) griff nun direkt diese Mitglieder der Regierungsfraktionen an: "Die offen lesbischen und schwulen Abgeordneten der beiden Regierungsparteien verweigern sich einer Initiative des Rechtskomitees Lambda für ein überparteiliches Vorgehen zur Beseitigung der immer noch bestehenden Schutzlosigkeit von homo- und bisexuellen Menschen gegen Diskriminierung außerhalb des Arbeitsplatzes." RKI-Chef Helmut Graupner warf diesen Volksvertreter*­innen vor, Parteiinteressen über Grund- und Menschenrechte zu stellen. "Nur offen homo­sexuell zu sein, ist noch kein Verdienst", so Graupner.

Twitter / niiico_laus | Nico Marchetti wünscht einen "Happy Pride Month" – aber beim Diskriminierungsschutz steckt er – wie alle bei ÖVP und Grünen – den Kopf in den Sand

Halbherziger Diskriminierungsschutz

Hintergrund ist, dass Diskriminierung aufgrund "sexueller Orientierung" zwar im Arbeitsrecht verboten ist, im Zivilrecht ist diese aber grundsätzlich erlaubt. Schwule dürfen also wegen ihrer sexuellen Orientierung legal aus Taxis, aus Restaurants oder Kaffeehäusern geworfen werden oder es dürfen ihnen Hotelzimmer und andere Waren und Dienstleistungen verweigert werden – anders als in den meisten anderen Ländern West- und Mitteleuropas.

In Deutschland ist dieser Schutz etwa 2006 im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankert worden, das damals mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen beschlossen worden war (queer.de berichtete). Nur die FDP wollte damals eine 1:1-Umsetzung nach Europarecht erreichen, was hauptsächlich einen schwächeren Schutz für sexuelle Minderheiten bedeutet hätte. Genauso setzte Österreich sein Gesetz um.

Dabei gibt es Druck auf die Alpenrepublik, doch noch ihren Diskriminierungsschutz zu stärken: So hatte der Europarat erst vor wenigen Wochen in einem Bericht gefordert, diese Schutzlosigkeit zu beenden (PDF).

Vorbild geschlechtergerechte Hymne

Das RKL fordert nun die homosexuellen Abgeordneten auf, die Blockade mit einem fraktionsübergreifenden Antrag zu brechen. Hierzu gebe es ein Vorbild: Vor rund zehn Jahren haben sich weibliche Abgeordnete verschiedener Fraktionen zusammengetan, damit Frauen endlich Einzug in die österreichische Bundeshymne finden. Seither ist Österreich laut dem Hymnentext nicht mehr Heimat "großer Söhne", sondern "großer Töchter und Söhne". Laut RKL haben die beiden offen schwulen Abgeordneten der Opposition, Harald Troch von der sozialdemokratischen SPÖ und Yannick Shetty von den liberalen NEOS, erklärt, dass sie einen solchen fraktionsübergreifenden Antrag zum Diskriminierungsschutz miteinbringen würden. Von den Abgeordneten aus ÖVP und Grünen habe man aber keine Antwort erhalten.

Seit Anfang diesen Jahres führt eine schwarz-grüne (in Österreich auch türkis-grün genannte) Regierung das Land. Bundeskanzler ist seit 7. Januar Sebastian Kurz, der bereits zwischen 2017 und Frühjahr 2019 in einer Koalitionsregierung seiner ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ die Geschicke der Republik leitete.

Bereits zu Beginn der zweiten Kurz-Amtszeit hatten LGBTI-Aktivist*innen kritisiert, dass queere Rechte im Koalitionsvertrag praktisch nicht vorkommen (queer.de berichtete). Tatsächlich blockiert Schwarz-Grün nicht nur beim Antidiskriminierungsrecht Fortschritte: So weigert sich das ÖVP-geführte Innenministerium, restriktive Bedingungen für das Dritte Geschlecht aufzuheben, obgleich der Verfassungsgerichtshof bereits vor zwei Jahren das Recht auf Anerkennung von "diversen" Menschen etabliert hatte (queer.de berichtete). (dk)

#1 SarkastikerAnonym
  • 24.06.2020, 13:58h
  • Oh welch schöne neue Welt doch.
    Grüne und Schwarze in einer Regierung und endlich geht es voran in den Fragen die LGBTI bewegen.
    Auf in den Wahlkampf des kommenden Jahres.
    Nehmen wir uns Felix Austria zum Vorbild.
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#2 TimonAnonym
  • 24.06.2020, 14:37h
  • Wenn die österreichischen Grünen weiter vor der ÖVP kuschen und in dieser zentralen Demokratie-Frage keine Fortschritte erzielen, werden sie unwählbar.
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#3 ChariteAnonym

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