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"Bewusst provoziert"
Lesbenfeindlicher Übergriff in Berlin
Am Samstag bedrohten junge Männer eine lesbische Aktivistin in Neukölln. LGBTI-Aktivist*innen sehen darin nicht nur einen Dummejungenstreich, sondern den Versuch, lesbische Frauen unsichtbar zu machen.

Ein Infostand der Initiative Rad und Tat e.V. vor Corona-Zeiten (Bild: RuT)
- 29. Juni 2020, 14:54h 2 Min.
Die lesbische Berliner Initiative Rad und Tat e.V. (RuT) und die Parteiorganisation Die Linke.queer berichten von einem lesbenfeindlichen Übergriff am Samstag in der Bundeshauptstadt. Laut RuT-Chefin Ina Rosenthal sollen ihr drei junge Männer bei einem Dreh in Neukölln Gewalt angedroht haben.
"Eigentlich hatte ich mich gestern darauf gefreut, vor laufender Kamera im Schillerkiez ein Statement abzugeben zu queeren Räumen in der Corona-Zeit und über lesbische Sichtbarkeit. Es sollte alles aber ganz anders kommen", so Rosenthal in einem am Sonntagabend auf Facebook veröffentlichten Video. "Urplötzlich befand ich mich im Mittelpunkt von lesben- und frauenfeindlichen Beschimpfungen. Mir wurde Gewalt angedroht und ich musste erleben, wie es ist, am helllichen Tage angefeindet zu werden."
Die Männer hätten "Scheißlesbe" oder "Ich mach dich platt" gerufen und eine Stunde lang den Dreh blockiert. Die Aktivist*innen hätten drei Mal die Polizei gerufen, "bis diese endlich kam". Bei dem Vorfall habe es sich um einen "bewusst provozierten Angriff" gehandelt, der zum Ziel gehabt habe, lesbische Sichtbarkeit einzuschränken. Rosenthal zeigte sich besonders entsetzt darüber, dass viele Passanten einfach weggeschaut hätten. Daher forderte sie: "Mischt euch ein, wenn ihr Unrecht sieht."
Aufruf zur Solidarität mit lesbischen Strukturen
Der ebenfalls anwesende Daniel Bache, einer von drei Sprecher*innen von Die Linke.queer, kritisierte am Montag insbesondere die "zögerliche" Reaktion der Polizei. Außerdem sei aus dem Verhalten der Täter hervorgegangen, "dass es sich nicht um einen einfachen Dummejungenstreich handelte". Er beklagte, dass es in letzter Zeit vermehrt zu Angriffen auf die Räume von RuT gekommen sei. "Offen sichtbares, lesbisches Leben stellt für rechtsextreme und extrem konservative Kreise verschiedener kultureller und religiöser Prägung offensichtlich eine besondere Bedrohung dar", so Bache. "Lesbische Strukturen, die ohnehin mit strukturellen Benachteiligungen zu kämpfen haben, verdienen unsere Solidarität und vor allem politische Unterstützung, auch über solche Vorfälle hinaus."
Wir waren am Wochenende in Berlin unterwegs und haben im Rahmen unserer Kampagne "Der Krise gemeinsam die Stirn bieten"…
Gepostet von BAG DIE LINKE.queer am Montag, 29. Juni 2020
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RuT ist laut der Vereins-Homepage 1989 in Neukölln von einer Gruppe älterer und behinderter lesbischer Frauen gegründet worden. Die Initative bietet heute unter anderem Beratung und Nachbarschaftshilfe an. (dk)

Links zum Thema:
» Homepage RuT e.V.
» Homepage Die Linke.queer
Mehr zum Thema:
» Interview mit Ina Rosenthal: "Ein Geschenk an die Community" (17.10.2019)