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Mecklenburg-Vorpommern
Hetzrede im Kreistag: CSD Rostock fordert Rücktritt von Sascha Ott
Der CDU-Politiker verunglimpfte LGBTI als "mikroskopische Randgruppe". Statt diese "aufzuwerten, bis sie mit der Mehrheitsgesellschaft auf einer Linie laufen", solle die Politik Respekt gegenüber Menschen zeigen, die "fleißig arbeiten" und "Kinder im Sinne des Staates erziehen".

Der CDU-Politiker Sascha Ott ist Mitglied des Kreistags Vorpommern-Greifswald und stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Mecklenburg-Vorpommern. Hauptberuflich ist er Direktor des Amtsgerichts Stralsund (Bild: TV Schwerin)
- 1. Juli 2020, 06:25h 3 Min.
Schwere Entgleisung im Kreistag des Landkreises Vorpommern-Greifswald: In einer erst jetzt bekannt gewordenen Rede (Sitzungsprotokoll als PDF) bezeichnete der CDU-Politiker Sascha Ott in der Sitzung am 2. März LGBTI-Menschen als "mikroskopische Randgruppe" und lehnte es ab, diese "aufzuwerten, bis sie mit der Mehrheitsgesellschaft auf einer Linie laufen". Man solle stattdessen Respekt gegenüber Menschen zeigen, die "fleißig arbeiten" und "Kinder im Sinne des Staates erziehen".
Hintergrund der Rede war ein Antrag der Grünen auf das Hissen der Regenbogenflagge zum Greifswalder Aktionstag gegen Homophobie. Ott, der auch Amtsgerichtsdirektor in Stralsund und stellvertretender CDU-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern ist, lehnte dies vehement an: "Ihr Antrag unterstellt immer, dass es Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die bewusst diskriminiert, verfolgt oder ausgegrenzt werden", sagte er in seiner Rede. Dies sei aber nicht der Fall. "Zur Wahrheit gehört eigentlich viel mehr: Die Deutschen sind mittlerweile so von Toleranz umfasst, dass es schon bald bis zur Selbstverleumdung reicht."
CSD Rostock: "Wir arbeiten, zahlen Steuern und haben Familien"
Der CSD Rostock e.V. hat ein Video der queerfeindlichen Hetzrede auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Als Reaktion forderte der Verein eine öffentliche Entschuldigung Otts sowie dessen Rücktritt als Amtsgerichtsdirektor.
"Es ist schon sehr bezeichnend, dass Herr Ott uns als 'mikroskopische Randgruppe' abstempelt und uns in krassen Widerspruch setzt zu arbeitenden Familienmenschen", sagte der Vereinsvorsitzende Andy Szabó. "Das Gegenteil ist der Fall. Wir arbeiten, zahlen Steuern und haben Familien, für die wir uns tagtäglich aufopfern." Für den CSD Rostock grenzt die Rede "schon hart an Verleumdung".
Vor einem Jahr bezeichnete Ott inter Menschen als "Witz"
Sascha Ott war bereits mehrfach mit LGBTI-feindlichen Tiraden aufgefallen. Im vergangenen Jahr sprach der Gründer eines "Konservativen Kreises" innerhalb des CDU-Landesverbands etwa intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen ihre Existenz ab: "Mit guten Recht kann [man] über den Irrglauben vom 'Dritten Geschlecht' Witze machen – es ist nämlich ein Witz. Und wir sollten dafür sorgen, dass es auch so bleibt", schrieb er im März 2019 auf Facebook (queer.de berichtete).
Vor drei Jahren machte Ott Stimmung gegen die Ehe für alle, die "Scharlatanerie" sei und als Ablenkung von der "programmatischen Leere in der Politik" letztlich allen schade. "Viele Menschen entfremden sich von Politik, wenn die berechtigten Erwartungen der Mehrheitsgesellschaft ignoriert und stattdessen (vermeintliche) Anliegen von Minderheiten zum 'Goldenen Kalb' erklärt werden", meinte er zur Ehe-Öffnung für schwule und lesbische Paare.
Der 1965 geborene CDU-Kommunalpolitiker war nach der Landtagswahl 2016 kurzzeitig als Justizminister im Gespräch, die Nominierung wurde aber Medienberichten zufolge wegen einiger Facebook-Likes auf Einträge der AfD oder "Jungen Freiheit" zurückgezogen. (cw)
