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Polen
Duda unterzeichnet sein Wunsch-Verbot der Adoption durch Homosexuelle
Über die Verfassungsänderung des polnischen Präsidenten zum vermeintlichen Schutz der Kinder muss nun das Parlament entscheiden.
- 6. Juli 2020, 13:55h 3 Min.
Wenige Tage vor der zweiten Runde der Präsidentenwahl in Polen hat Amtsinhaber Andrzej Duda öffentlich einen selbst vorgelegten Entwurf für eine Verfassungsänderung unterzeichnet, wonach Personen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften von der Adoption von Kindern ausgeschlossen werden sollen.
Duda hatte diesen Schritt erst am Samstag bei einem Auftritt angekündigt, als Krönung eines wochenlangen LGBTI-feindlichen Wahlkampfes (queer.de berichtete). "Ich freue mich sehr, dass ich mein Versprechen einlösen konnte", sagte Duda am Montag bei der Unterzeichnung. Seit Beginn wolle er mit seiner Präsidentschaft "die polnische Familie unterstützen, polnische Kinder schützen und in einer Art handeln, in der die polnische Gesellschaft sich am besten entwickelt."
Der von der nationalkonservativen Regierungspartei PiS unterstützte Präsident gab an, dem Sejm den Entwurf noch am Montag zukommen zu lassen. Laut polnischen Medien kann eine erste Lesung frühestens 13 Tage nach der Einreichung stattfinden – und damit erst nach der Stichwahl am Sonntag. Für eine Verabschiedung ist im Senat eine absolute Mehrheit nötig, im Sejm als erste Instanz sogar eine Zweidrittelmehrheit. In beiden Kammern ist die PiS auf Unterstützung von anderen Parteien angewiesen.
Dudas Kontrahent bei der Stichwahl, der Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, hatte am Samstag betont, dass er ebenfalls die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare ablehne und dass das die Position der meisten Parteien im Parlament sei. Zugleich kritisierte der Kandidat der liberalen-konservativen Bürgerplattform, Duda wende sich "Stellvertreterthemen" zu. Trzaskowski unterstützt die Einführung von Lebenspartnerschaften, ging im Wahlkampf aber kaum auf LGBTI-Themen ein.
Derzeit können in Polen Eheleute und Einzelpersonen Kinder adoptieren, gleichgeschlechtliche Paare werde rechtlich nicht anerkannt. Vor rund zwei Wochen hatte das polnische Linksbündnis zwei Gesetzentwürfe vorgestellt: einen zur Einführung von Lebenspartnerschaften ohne und einen zur Ehe für alle mit Adoptionsrecht (queer.de berichtete). Ihr Spitzenkandidat Robert Biedron war der einzige Präsidentschafts-Bewerber, der im Wahlkampf LGBTI-Rechte vollumfänglich unterstützte. Der schwule Politiker landete in der ersten Runde mit 2,2 Prozent allerdings nur auf dem sechsten Platz. Viele queere Wähler unterstützten bereits Trzaskowski, der mit 30,5 Prozent deutlich, aber einholbar hinter Duda mit 43,5 Prozent landete. Bei der Stichwahl deuten Umfragen auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin.
Derweil kommt von anderer Stelle Bewegung in das Thema LGBTI-Rechte in Polen: Vielleicht nicht ganz zufällig am Montag wurde bekannt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrere Beschwerden gleichgeschlechtlicher Paare aus Polen angenommen hat, in denen sie die Anerkennung von Lebenspartnerschaften oder die Ehe für alle einfordern. Konkret waren sie im Ausland entsprechende Verbindungen eingegangen und hatten vor allen polnischen Gerichtsinstanzen vergeblich auf die Anerkennung von Rechten geklagt. In dem Straßburger Verfahren muss nun zunächst die Regierung Stellung nehmen. (nb/dpa)
