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Türkei
Erdogan: Queere Community "vergiftet" junge Menschen
Der türkische Staatschef will sich mehr und mehr die Unterstützung der Bevölkerung durch homophobe Ausbrüche sichern.

World Humanitarian Summit / flickr) Je schwerer die Wirtschaftskrise in der Türkei wird, desto mehr nationalistische und homophobe Töne schlägt Staatspräsident Erdogan ein (Bild:
- 8. Juli 2020, 12:17h 2 Min.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Rhetorik gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten weiter verschärft. Der 66-Jährige machte seine Verachtung gegenüber der LGBTI-Community bereits am 29. Juni nach einer Kabinettssitzung deutlich: "Während wir unserem Land mit großem Mitgefühl und einer Vision dienen, attackiert jemand heimtückisch unsere nationalen und religiösen Werte", erklärte Erdogan bei einer Rede.
"Sie versuchen besonders, junge Menschen zu vergiften, indem sie versuchen, durch die gesamte Menschenheitsgeschichte verfluchte Perversionen zu normalisieren." Diejenigen, die derartig "marginale" Bewegungen unterstützten, würden die Kultur beschädigen. Sie seien "Ketzer" und könnten keine politischen Partner sein.
Mit der Aussage schießt sich Erdogan auch auf Oppositionelle ein, die sich für Gleichberechtigung aussprechen – etwa Sezgin Tanrıkulu, einen kurdischen Menschenrechtler und Abgeordneten der säkularen CHP, der am Tag vor der Erdogan-Tirade einen Tweet mit Regenbogenfahnen zur CSD-Saison veröffentlichte. In dem Twitter-Eintrag schrieb der 57-Jährige, er wünsche sich eine Woche ohne Hassreden. In den letzten Jahren waren Pride-Demonstrationen verboten und niedergeschlagen worden.
Twitter / MSTanrikuluNefret dilinden uzak, sevginin, akn konuulduu bir hafta olsun. #LoveIsLove#Pride2020#OnurHaftas pic.twitter.com/G5FRRmX9Zb
Sezgin Tanrkulu (@MSTanrikulu) June 28, 2020
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Erdogan-Regime verschärft Angriffe auf LGBTI
Zwar ist Homosexualität in der Türkei bereits seit 1858 legal. Allerdings nutzt die autoritäre Erdogan-Regierung derzeit die aufgeheizte Stimmung im Land, um gegen Homo- und Transsexuelle Stimmung zu machen. Der Präsident stellte sich etwa an die Seite des Chefs der Religionsbehörde, der erklärt hatte, dass der Islam Homosexualität pauschal verurteile. Laut Erdogan ist ein Angriff auf die Religionsbehörde gleichzeitig ein Angriff auf den Staat. (queer.de berichtete). Wegen der sich verschärfenden Situation in der Türkei bezeichnete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Staatshomophobie als "sehr besorgniserregend" (queer.de berichtete).
Mit seiner homophoben Rhetorik versucht Erdogan, trotz Corona- und Wirtschaftskrise die Unterstützung von konservativen Teilen der Bevölkerung nicht zu verlieren. Er baut dabei auf eine stark homosexuellenfeindliche Stimmung unter Türkinnen und Türken: So ergab eine erst Ende Juni veröffentlichte Umfrage des Pew Research Center, dass sich nur 25 Prozent der Bevölkerung die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexualität wünschen – in Deutschland sind es 86 Prozent (queer.de berichtete). (cw)

Hoffentlich hebt Deutschland die Reisewarnung für die Türkei vorläufig nicht auf.
Jeder Euro der dahin fließt ist Blutgeld.