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Nach Strafanzeige
Österreich: Erste Geburtsurkunde mit "Inter"-Eintrag ausgestellt
Erst nach einer Strafanzeige gegen den Innenminister gab die schwarz-grüne Bundesregierung ihren Widerstand auf.

Der österreichische Bundesadler fliegt nun erstmals auch für intersexuelle Menschen (Bild: RKL)
- 16. Juli 2020, 13:22h 2 Min.
Der österreichsiche Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat nach einer Mitteilung der LGBTI-Organisation Rechtskomitee Lambda (RKL) vom Donnerstag ermöglicht, dass Geburtsurkunden mit dem Geschlechtseintrag "inter" ausgestellt werden können. Bislang war nur "divers" als dritter Eintrag möglich. Das erste derartige Dokument sei laut RKL bereits am 7. Juli angefertigt worden. Dazu musste die Software des Personenstandsregisters geändert werden.
Ganz ohne Druck erfolgte der Schritt nicht: Mitte Juni hatte das RKL und die intersexuelle Person Alex Jürgen wegen Amtsmissbrauchs eine Strafanzeige gegen Nehammer und dessen rechtspopulistischen Vorgänger Herbert Kickl (FPÖ) bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gestellt. "Es ist eine Schande, dass es einer Befassung der Strafjustiz bedarf, damit der Innenminister rechtskräftige Höchstgerichtsurteile respektiert", erklärte Helmut Graupner, langjähriger Präsident des RKL.
Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits vor zwei Jahren nach einer Klage von Alex Jürgen geurteilt, dass es in Österreich das Grundrecht darauf gebe, mit einer dritten Geschlechtsoption anerkannt zu werden (queer.de berichtete). Ein Jahr später wurde Jürgen ein Reisepass mit dem Geschlechtseintrag "X" ausgestellt (queer.de berichtete).
"Offene Rechtsverweigerung"
Doch die Politik hat laut Graupner die Entscheidung für den "inter"-Eintrag in der Geburtsurkunde immer weiter hinausgezögert. Zunächst wurde vor anderthalb Jahren nur die Eintragung von "divers" zugelassen, obgleich Gerichte auch die Bezeichnungen "inter" und "offen" für zulässig erklärten. Erst im Februar diesen Jahres wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine Berufung des Bundesinnenministeriums gegen die Pflicht, "inter" in Geburtsurkunden zu schreiben, ab. Doch noch im April erklärte Innenminister Nehammer auf eine parlamentarische Anfrage eines liberalen Abgeordneten, dass er keine Änderung bei den Eintragungen in Geburtsurkunden plane. Das RKL bezeichnete die Weigerung des Innenministers der schwarz-grünen Koalition als "offene Rechtsverweigerung".
Bereits im Januar hatten LGBTI-Aktivist*innen den Koalitionsvertrag von christsozialer ÖVP und Grünen scharf kritisiert, weil er für queere Menschen eine "herbe Enttäuschung" sei (queer.de berichtete). Im Juni kritisierte der RKL, dass die Koalitionsregierung noch immer einen umfassenden Diskriminierungsschutz von sexuellen Minderheiten ablehne, obwohl sechs der 97 Mitglieder von ÖVP und Grünen im Wiener Nationalrat offen schwul oder lesbisch seien (queer.de berichtete). (dk)
Drittes Geschlecht – Erfolg nach Strafanzeige: Erste Geburtsurkunde mit "inter" ausgestellt Nicht einmal drei Wochen…
Gepostet von Rechtskomitee Lambda – RKL am Donnerstag, 16. Juli 2020
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