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Rechte Demo in Berlin
Attila Hildmann wiederholt Morddrohung gegen Volker Beck
Der rechtsextreme Verschwörungstheoretiker forderte bei einer Kundgebung in Berlin erneut die Todesstrafe für den schwulen Grünen-Politiker, "indem man ihm die Eier zertritt". Die Polizei schritt nicht ein.

Attila Hilmann bei einer anderen Kundgebung Anfang Juli in Berlin
- 20. Juli 2020, 07:14h 4 Min.
Zu Update springen: Berliner Behörden beginnen Ermittlungen (17:55h)
Auf einer Demonstration im Berliner Lustgarten hat der rechtsextreme Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann am Samstag seine Mordrohung gegen den schwulen Grünen-Politiker Volker Beck wiederholt. "Wenn ich Reichskanzler wäre, dann würde ich die Todesstrafe für Volker Beck wieder einführen, indem man ihm die Eier zertritt auf einem öffentlichen Platz", sagte der Corona-Leugner in einer Rede vor rund 150 Menschen.
Auf seine Frage "Und wer würde mittreten wollen?" erntete Hildmann lautstarke Zustimmung. Auf einem vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA verbreiteten Video ist deutlich zu hören und zu sehen, wie ihm die Menge zujubelt. Die Polizei war vor Ort, schritt jedoch nicht ein.
Keine Reaktion auf Anzeige von Volker Beck
Bereits vor einigen Tagen hatte Hildmann die brutale Todesdrohung gegen Beck fast wortgleich über den Messenger-Dienst Telegram gepostet, auf dem er mehr als 66.000 Abonnent*innen hat (queer.de berichtete). Beck zeigte ihn deshalb wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Anstiftung zu einer Straftat an, erhielt jedoch keine Antwort. "Warum gab es keine Reaktion, Polizei Berlin?", fragte der Grünen-Politiker am Samstag auf Twitter. "Darf man auf den Straßen Berlins ungestraft zum Lynchen und Zu-Tode-Foltern aufrufen?" Sein Leben sei "nicht sicherer geworden", sagte Beck dem "Tagesspiegel".
Twitter / Volker_BeckWarum gab es keine Reaktion @polizeiberlin @PolizeiBerlin_E @derInnensenator!
Volker Beck (@Volker_Beck) July 18, 2020
Darf man auf den Straßen Berlins ungestraft zum Lynchen und zu Tode foltern so aufrufen? https://t.co/CZea02OokN
Kritik an Polizei und Staatsanwaltschaft auch von der CDU
Das Nichteinschreiten der Polizei wurde in sozialen Medien scharf kritisiert. "Wann wird es endlich Ermittlungen gegen Attila Hildmann geben?", fragte Autorin Carolin Emcke auf Twitter. "Sollte jetzt nicht gegen die Bedrohung von Politiker*innen vorgegangen werden? Also, liebe Staatsanwälte in Berlin. Worauf wartet Ihr noch?", tweetete der CDU-Politiker Ruprecht Polenz. "Es ist nicht akzeptabel, dass solche öffentlichen Todesdrohungen getätigt werden können", kommentierte Sigmount Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde in Berlin.
Die Polizei in Brandenburg, wo Hildmann wohnt, ermittelt laut "Tagesspiegel" von Amts wegen seit Wochen wegen dessen Hassbotschaften auf Telegram. "Eine Strafbarkeit wurde bisher durch die Staatsanwaltschaft verneint", zitierte die Zeitung einen Polizeisprecher. Dennoch werde weiter ermittelt.
Hildmann lobt erneut Adolf Hilter
Bei der Kundgebung am Samstag hetzte Hildmann auch gegen die Bundeskanzlerin. "Hitler war ein Segen im Vergleich zur Kommunistin Merkel", sagte er in seiner Rede, denn sie plane einen globalen Völkermord. Erneut sprach er auch vom "besetzten Gebiet der BRD". Von Teilnehmer*innen der Kundgebung gab es wiederholte Attacken gegen anwesende Journalist*innen.
Twitter / democ_deMordfantasien gegen @Volker_Beck, extreme Pressefeindlichkeit, #Antisemitismus: Erneut protestierte Attila #Hildmann in Berlin und zog heute rund 200 Rechtsextreme und VerschwörungstheoretikerInnen an. Die Polizei ging gegen aggressive DemonstrantInnen nur zögerlich vor. #b1807 pic.twitter.com/DAtcLgWw45
democ. (@democ_de) July 18, 2020
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Vom veganen Kochbuchautor zum rechtsextremen Verschwörungstheoretiker
Der 1981 in Westberlin geborene Hildmann wurde vor gut einem Jahrzehnt durch seine veganen Kochbücher bekannt und stieg schnell zum gern gesehenen Dauergast im deutschen Fernsehen auf. Er kochte etwa mit Stefan Raab in dessen Late-Night-Show, nahm an der RTL-Tanzshow "Let's Dance" teil und trat in der ProSieben-Spielshow "Schlag den Star" gegen Komiker Luke Mockridge an.
Mit der Flüchtlingskrise 2015 radikalisierte sich der Promi-Veganer aber immer mehr und fiel durch rechtsradikale Aussagen auf. Auch seine Werbung für Veganismus wurde aggressiver: So brachte er ein lebendiges Kalb zu einem Presseevent und forderte die Journalist*innen auf, es zu schlachten. Einer Journalistin, die vegane Speisen in seinem Imbiss als wenig genießbar bewertet hatte, drohte er mit einem Bild, das ihn mit einer Pumpgun zeigt.
Mit der Coronakrise driftete Hildmann vollständig in die Welt der rechtsextremen Verschwörungstheoretiker ab. Mit der Pandemie solle eine "Neue Weltordnung" eingeführt werden, behauptete der 39-Jährige. Er fiel insbesondere durch Antisemitismus auf – so behauptete er, jüdische Familien wollten die "deutsche Rasse auslöschen". (cw)
Update 17.55h: Berliner Behörden beginnen Ermittlungen
Die Berliner Polizei gab am Montag via Twitter bekannt, dass Ermittlungen des LKA nach Strafanzeigen wegen Volksverhetzung und Bedrohung eingeleitet worden seien: "Auf einer Versammlung am Samstag (#b1807) verharmloste der Anmelder den Holocaust & sprach zum wiederholten Mal Drohungen gegen Personen des öffentlichen Lebens aus".
Die Staatsanwaltschaft teilte den Tweet und ergänzte: "Wegen mutmaßlich antisemitischer öffentlicher Äußerungen Attila Hildmanns auf 'Hygienedemonstrationen' in Berlin sind bei der #StaatsanwaltschaftBerlin Ermittlungen u.a. wegen des Verdachts der Bedrohung eingeleitet worden." Strafanzeigen wegen weiterer Äußerungen des Beschuldigten über das Internet würden bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Cottbus bearbeitet.
In seinem Telegram-Kanal teilte Hildmann auch am Montag weiter gegen Volker Beck und die Grünen aus. So schrieb er: "An alle Deutschen: bitte schützt eure Kinder vor dieser Partei und haltet Mindestabstand! Die sind vermutlich weit gefährlicher für eure Kinder als Corona! Falls ihr Volker Beck neben dem Schulhof seht mit einer Tüte Crystal Meth ruft bitte sofort die Polizei!" Auch hetzte er gegen Journalisten: "Schreiberlinge, die hetzen und Pädos schützen sind die EINZIGEN, die vor Gerichte müssen! Und zwar Militärgerichte." In einem Youtube-Video äußerte er unbewiesene Mutmaßungen über Beck und betonte zu dem Vorwurf der Bedrohung, er habe den Konjunktiv verwendet und aus der nicht mehr existenten Rolle eines Reichskanzlers gesprochen.

Irgendwie muss er da was falsch machen, sonst wäre er nicht so agressiv.
Sein Verhalten lässt mich jetzt doch daran zweifeln, ob ich von vegetarisch auf vegan umstellen sollte.