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Nach Bedrohung von Volker Beck
Berlin untersagt nächste Demonstration von Attila Hildmann
Da es eine "erhebliche Wahrscheinlichkeit" für strafbare Äußerungen gebe, darf der Verschwörungstheoretiker am Samstag keine Kundgebung abhalten.

Attila Hildmann bei einer früheren Kundgebung
- 23. Juli 2020, 15:54h 3 Min.
Der Berliner Innensenat hat eine für Samstag geplante Kundgebung des Verschwörungstheoretikers Attila Hildmann verboten. Das Verbot stütze sich auf mehrere Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einer Demonstration Hildmanns in der Hauptstadt vom vergangenen Wochenende, teilte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag mit.
Konkret seien Ermittlungen wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung und wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten eingeleitet worden. Hildmann sei "in der Vergangenheit mehrfach wegen provokanter und zu missbilligender Äußerungen, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft den Anfangsverdacht einer Straftat begründen, auf den von ihm angemeldeten Demonstrationen auffällig geworden."
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Geisel erklärte: "Das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit ist ein sehr hohes Gut unserer Demokratie – wer es aber ausnutzt, um mögliche strafbare Äußerungen zu tätigen, und die Würde anderer Menschen mit Füßen tritt, dem wird der Rechtsstaat entschieden entgegentreten." Er sei froh über die Einschätzung der Versammlungsbehörde, die hier deutliche Grenzen aufzeige.
Für die für Samstag angemeldete Versammlung habe es eine "erhebliche Wahrscheinlichkeit" gegeben, dass es erneut zu strafbaren Äußerungen kommen werde. Wegen der Missachtung von Mindestabständen und Verstößen gegen die Maskenpflicht hätte zudem eine erhebliche Gesundheitsgefahr bestanden.
Todesdrohungen gegen Volker Beck
Hildmann war als Vegankoch mit Büchern und TV-Auftritten bekannt geworden. Im Zuge der Flüchtlingskrise und zuletzt der Corona-Pandemie radikalisierte er sich immer mehr und trat zunehmend mit Verschwörungstheorien sowie verharmlosenden Äußerungen über den Nationalsozialismus auf. "Hitler war ein Segen im Vergleich zur Kommunistin Merkel", sagte er am Samstag in seiner Rede. Seine Botschaften verbreitet er vor allem in seinem Kanal im Messenger-Dienst Telegram.
Dort hatte er in der letzten Woche zum früheren Grünenpolitiker Volker Beck gemeint, "als zukünftiger Reichskanzler" würde er für ihn "wieder die Todesstrafe durch Eier-Treten auf öffentlichen Plätzen einführen" (queer.de berichtete). Zuvor hatte er Einträge zur Pädophilen-Debatte innerhalb der Gründungsjahre der Grünen geteilt. Bei der Kundgebung am letzten Samstag hatte er die Drohung wiederholt (queer.de berichtete). In beiden Fällen erstatte der schwule Politiker Anzeige.
/ Volker_Beck | Tweet aus der Vorwoche, bevor Hildmann seine Drohung gegen Beck wiederholte und Ermittlungen angekündigt wurdenWarum gab es keine Reaktion @polizeiberlin @PolizeiBerlin_E @derInnensenator!
Volker Beck (@Volker_Beck) July 18, 2020
Darf man auf den Straßen Berlins ungestraft zum Lynchen und zu Tode foltern so aufrufen? https://t.co/CZea02OokN
Die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am Montag bei Twitter angegeben, im Zuge der Kundgebung unter anderem wegen Verharmlosung des Holocaust und der Bedrohung von Personen des öffentlichen Lebens Ermittlungen zu beginnen. Wegen Online-Äußerungen ermittle die zuständige Staatsanwaltschaft in Cottbus.
Hildmann hatte sich davon nicht einschüchtern lassen und in den letzten Tagen bei Telegram etwa weitere Einträge und ein Video zu Volker Beck veröffentlicht und dabei neben ihn unter anderem auch Journalisten abgewertet. Zugleich betonte er zu dem Vorwurf der Bedrohung, er habe den Konjunktiv verwendet und aus der nicht mehr existenten Rolle eines Reichskanzlers gesprochen. Mit einer Reichskanzler-Eier-Formulierung belegte er am Donnerstagnachmittag auch jene Politiker, die für sein Demonstrationsverbot verantwortlich seien. (afp/dk/nb)














