J.K. Rowling ist in den letzten Wochen von LGBTI-Aktivist*innen und Menschenrechtler*innen scharf für ihre Äußerungen kritisiert worden (Bild: Promo)
Eine Nachrichtenseite für Kinder und Jugendliche hat sich wegen eines kritischen Berichtes bei "Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling entschuldigt. Zuvor hatte die britische Schriftstellerin über ihre Anwälte gerichtliche Schritte gegen "The Day" wegen Verleumdung angedroht.
"The Day" hatte am 10. Juni ein Essay mit der Überschrift "Potterheads canceln Rowling nach Anti-Trans-Tweets" veröffentlicht, in dem Rowling wegen ihrer wiederholten transphoben Twitter-Botschaften kritisiert wurde (queer.de berichtete). In dem Artikel wurden die Leser*innen etwa gefragt, ob sie Kunst, die von "widerwärtigen Menschen" erschaffen wurde, genießen könnten. Rowling wurde dabei mit historischen Figuren wie dem spanischen Maler Pablo Picasso oder dem deutschen Komponisten Richard Wagner verglichen. Außerdem wurde Rowling in Zusammenhang mit Personen genannt, die "Minderheiten Schaden zufügen".
Entschuldigung "ohne Einschränkungen"
In einem Entschuldigungsschreiben heißt es: "Der Artikel hat J.K. Rowling persönlich angegriffen und unseren Lesern vorgeschlagen, ihre Werke zu boykottieren, damit sie beschämt wird, ihr Verhalten zu ändern. Unsere Absicht war, eine Debatte über ein komplexes Thema zu provozieren. Wir wollten nicht andeuten, dass J.K. Rowling transphob war oder dass sie boykottiert werden soll. Wir akzeptieren, dass unser Vergleich von J.K. Rowling zu Leuten wie Picasso, der sexuelle Gewalt verherrlicht hat, oder zu Wagner, der von den Nazis für seine antisemitischen und rassistischen Ansichten gelobt wurde, ungeschickt, unflätig und falsch war." Man werde künftig vorsichtiger mit solchen Themen umgehen. Daher entschuldige man sich "ohne Einschränkungen" bei der Autorin und ziehe das Essay zurück.
Zudem werde man einen "finanziellen Beitrag" an eine gemeinnützige Organisation spenden, die von Rowling ausgewählt werden könne. Aus dem Schreiben geht nicht hervor, wie hoch die Spende sein werde und an wen sie gehe.
J.K. Rowling sorgt bereits seit längerem mit transfeindlichen Äußerungen und Thesen, etwa dass trans Frauen keine echte Frauen seien, für Aufregung. Dafür wurde sie heftig kritisiert, unter anderem auch von Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe (queer.de berichtete).
Rowling sieht sich als Opfer der sogenannten "Cancel Culture"
Zum Höhepunkt der Kritik Anfang Juli wurde ein von J.K. Rowling und mehr als 100 anderen Prominenten unterzeichneter "Offener Brief" veröffentlicht, in dem beklagt wird, dass man heutzutage so gut wie nichts Kontroverses mehr sagen könne, ohne dass es "Rufe nach sofortiger Vergeltung" gebe. Auch trans Aktivistin Jennifer Finney Boylan hatte diesen Brief unterzeichnet, später aber ihre Unterschrift mit Blick auf Rowling bedauert. Daraufhin machte sich die "Harry Potter"-Autorin auf Twitter über die trans Frau lustig (queer.de berichtete).
LGBTI-Aktivisten hatten Rowlings Argumentationen immer wieder inhaltlich kritisiert. Es sei besonders verwerflich von der Autorin, sich mit trans Menschen ausgerechnet eine besonders gefährdete Gruppe als mutmaßliches Hassobjekt auszusuchen. So litten geschlechtliche Minderheiten mehr als andere Mitglieder der LGBTI-Community unter Ausgrenzung, was sehr häufig zu Depressionen und sogar zu Selbstmordversuchen führe.
Kürzlich sorgte auch der immer wieder wegen umstrittener Äußerungen in der Kritik stehende Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) für Schlagzeilen, als er sich mit Rowling verglich, weil sie wie er ein Opfer der "Intoleranz im linken Milieu der Minderheitenrechtler" sei (queer.de berichtete). Auch gegen Palmer hatte es in den letzten Wochen Vorwürfe gegeben, in sozialen Netzwerken Transphobie zu fördern (queer.de berichtete). (dk)
Aufklärung und Versachlichung der Debatten scheinen mir daher besonders wichtig, auch um die zu schützen, die eher introvertiert mit ihrer geschlechtlichen Identität umgehen.
Sinnvoll wäre es auch, Kommunikationsplattformen zu stärken, in denen Debatten moderiert werden, in denen Fragen und Missverständnisse (wie sie zum Beispiel im Familien- und Freundeskreis auftauchen) in einem respektvollen Rahmen sowohl benannt als auch ausgeräumt werden können.