Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) plant laut einem Zeitungsbericht Entschädigungen für Soldaten, die in der Vergangenheit wegen ihrer Homosexualität dienstrechtlich benachteiligt wurden. Diese solle nicht auf mögliche Sozialleistungen angerechnet werden, zitierte das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Samstagausgaben) aus einem Gesetzentwurf.
Das Verteidigungsministerium hatte bereits Anfang Juli angekündigt, im September einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung von Soldaten vorzulegen, die wegen ihrer Homosexualität bei der Bundeswehr diskriminiert wurden. Dabei soll es insbesondere um Soldaten gehen, die wegen einvernehmlicher sexueller Handlungen von einem Truppendienstgericht verurteilt worden sind (queer.de berichtete).
Die Verteidigungsministerin entschuldigt sich
Homosexuelle Handlungen waren bis Ende der Sechzigerjahre eine Straftat und beschäftigten auch die Bundeswehr-Gerichte. Homosexuelle mussten in den Anfangsjahren der Truppe zudem damit rechnen, degradiert oder entlassen zu werden. Später konnten sie zwar in den Streitkräften bleiben, wurden aber nicht mehr mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Erst durch die Aufhebung eines Erlasses zur Personalführung homosexueller Soldaten am 3. Juli 2000 wurde die institutionelle Diskriminierung Homosexueller bei der Bundeswehr beendet.
Kürzlich hatte sich Kramp-Karrenbauern auch bei lesbischen und schwulen Soldaten entschuldigt. "Jahrzehntelang sind homosexuelle Angehörige in der Bundeswehr ungerecht behandelt worden", hieß es in einer Erklärung der Verteidigungsministerin. Die Diskriminierungen seien viel zu spät aufgehoben worden. "Ich bedaure diese Praxis, die für die Politik der damaligen Zeit stand. Bei denen, die darunter zu leiden hatten, entschuldige ich mich."
Regelung gilt auch für frühere NVA-Soldaten
Die Neuregelung zielt dem RND-Bericht zufolge auf Benachteiligungen, die sich noch bis ins Jahr 2000 hinein ausgewirkt haben sollen. Eine Aufhebung früherer dienstrechtlicher Urteile, die sich aus heutiger Sicht als Diskriminierung darstellen, war bislang von allen Bundesregierungen abgelehnt worden. Im Entwurf von Kramp-Karrenbauer sind jetzt nicht nur Aufhebungen, sondern ausdrückliche Rehabilitierungsbescheinigungen vorgesehen. Alle Regeln sollen auch für frühere NVA-Soldaten gelten.
Dem Bericht zufolge will Kramp-Karrenbauer den Gesetzentwurf am 17. September vorstellen. Am gleichen Tag solle eine Studie mit dem Titel "Tabu und Toleranz – der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis zur Jahrtausendwende" vorgestellt werden.
Lob von der Opposition
Die Pläne der Bundesverteidigungsministerin stoßen auf Zustimmung bei der Opposition. "Der frühere Umgang mit homosexuellen Soldaten ist immer noch ein dunkler Fleck in der Geschichte der Bundeswehr", sagte der Verteidigungsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Tobias Lindner, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Kramp-Karrenbauers Pläne seien "richtig" – und "überfällig".
Als Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht müssten die Betroffenen eine handfeste Entschädigung erhalten, forderte Lindner. "Annegret Kramp-Karrenbauer darf es nicht bei einer symbolischen Entschuldigung belassen", mahnte er. "Dort, wo Soldaten durch Unrecht Schaden erlitten haben, muss es auch eine finanzielle Entschädigung geben."
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg begrüßte die Ankündigung der Ministerin als "sehr erfreulich". "Eine aufrichtige Entschädigung sind wir den Opfern der staatlichen Diskriminierung schuldig", erklärte Brandenburg. "Mit unehrenhaften Entlassungen und faktischen Berufsverboten wurden homosexuelle Bundeswehrangehörige jahrzehntelang schikaniert." (cw/AFP/dpa)
Diese Gerichte sind auch nur für disziplinarrechtliche Angelegenheiten zuständig.
Eine Straftat wie zb Körperverletzung begangen durch einen Soldaten/in wird durch ein normales Gericht geahndet, dieses Urteil ist dann zusätzlich Grundlage für das Truppendienstliche Gerichtsverfahren.