Von der Leyen und der von LGBTI-Aktivist*innen angefertigte Atlas des Hasses, der die einzelnen "LGBT-freien Zonen" (rot) mit ihren entsprechenden Resolutionen listet
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich ausdrücklich hinter die Rechte von sexuellen Minderheiten in Polen gestellt. Hintergrund ist der Streit über sogenannte "LGBT-freie Zonen" in dem EU-Staat.
"Unsere Verträge stellen sicher, dass alle Personen in Europa die Freiheit haben, zu sein, wer sie sind, zu leben, wo sie möchten, zu lieben, wen sie möchten und so viel Ehrgeiz zu entwickeln, wie sie wollen", schrieb von der Leyen am Donnerstag auf Twitter. Und weiter: "Ich werde mich weiter für eine Union der Gleichberechtigung einsetzen." Mit der Erklärung zu dem Hashtag #LGBTI reagierte von der Leyen auf Kritik aus Polen, wie ihre Sprecherin bei einer Pressekonferenz klarstellte.
In der Konferenz verteidigte die EU-Kommission auch die am Dienstag von EU-Gleichstellungskommissarin Helena Dalli verkündete Entscheidung, sechs Förder-Anträge im Rahmen eines Programms zu Städtepartnerschaften wegen der Zonen abgewiesen zu haben (queer.de berichtete). Sprecher Adalbert Jahnz sagte, man habe bei acht Kommunen gezielt Nachfragen gestellt zur zu garantierenden Nicht-Diskriminierung und entsprechend auf die eingegangenen oder ausgebliebenen Antworten reagiert. Die Kommunen hatten Zuschüsse zwischen 5.000 und 25.000 Euro beantragt. Acht polnische Kommunen erhielten hingegen die erwünschte Förderung.
Im Zusammenhang mit den homo- und transfeindlichen Zonen hatte die EU-Kommission bereits vor wenigen Wochen mehreren polnischen Verwaltungsbezirken in Schreiben indirekt mit der Streichung bestehender Förderungen im Rahmen anderer Programme gedroht (queer.de berichtete). Die Sprecherin von der Leyens kündigte am Donnerstag zugleich an, dass Dalli an einer "Strategie für LGBTI+-Equality" arbeite, die später im Jahr vorgestellt werden solle.
Empörung in Warschau
Polens Justizminister Zbigniew Ziobro hatte auf die Ablehnung der Förderung empört reagiert. Der national-konservative Politiker der PiS-Splitterpartei Solidarisches Polen (SP) sprach von "illegalem Druck" und "rechtswidrigen Handlungen" seitens der EU-Kommission. Es sei die Pflicht der Regierung in Warschau, die Kommunen davor "im Namen der Rechtsstaatlichkeit" zu schützen.
Der SP-Abgeordnete und stellvertretende Minister für Staatseigentum Janusz Kowalski sprach von einem "großen Skandal". Man dürfe nicht zulassen, dass Kommunen "auch nur ein einziger Euro abgenommen wird, weil sie 'Nein' zur LGBT-Ideologie sagen, um die polnische Familie zu schützen". Er forderte eine ähnliche Gesetzgebung auf nationaler Ebene, die die öffentliche Finanzierung von LGBT-Organisationen untersagen würde.
Seit dem letzten Sommer haben sich rund 100 polnische Gemeinden, Städte und Regionen in teils unterschiedlichen Resolutionen etwa als "frei von LGBT-Ideologie" erklärt und sich verpflichtet, keine "Homo-Propaganda" zu akzeptieren, keine Sexualaufklärung an Schulen durchzuführen und sich zum "Schutz der Familie" und der Kinder der "Ideologie der LGBT-Bewegung" zu widersetzen, die christlichen Werten entgegenstehe. LGBTI-Aktivisten sehen das als direkten Angriff auf queere Menschen, nicht auf eine vermeintliche Ideologie, zumal ein Magazin im letzten Sommer Aufkleber mit durchgestrichenem Regenbogen und dem Aufdruck "LGBT-freie Zone" verteilt hatte.
Nach Kritik aus dem In- und Ausland hatten einige Kommunen ihre geplante Resolution nicht verabschiedet, einige andere verloren eine oder mehrere Städtepartnerschaften. Mitte Juli erklärte ein Gericht auf Klage des unabhängigen polnischen Menschenrechtsbeauftragten erstmals zwei Resolutionen für ungültig (queer.de berichtete). Zeitgleich setzte die Regierung im Präsidentschaftswahlkampf auf Homo- und Transfeindlichkeit.
Für Verstimmung und Widerspruch auf europäischer Ebene hatte Justizminister Ziobro bereits am Wochenende gesorgt, als er einen Ausstieg Polens aus der "Istanbul-Konvention" des Europarates gegen Gewalt gegen Frauen ankündigte, weil darin "Gender-Theorie" und "homosexuelle Ideologie" enthalten seien (queer.de berichtete). Die Regierung war danach zurückgerudert und betonte, dass es noch keine Entscheidung gebe (queer.de berichtete). (nb/dpa)
Die EU sollte noch viel mehr Sanktionen umsetzen. Denn es zeigt sich immer wieder, dass die Sprache des Gelders die einzige ist, die solche Leute verstehen und die (noch dazu sehr schnell) wirklich Dinge verändern kann.
Es kann doch nicht sein, dass Homo- und Transphobie auch noch von der EU mit Fördermitteln bedacht werden.