Vor zehn Jahren war "The Kids Are Alright" mit Annette Bening (li.) und Julianne Moore ein Riesenerfolg – heute würde der Film wohl etwas anders aussehen (Bild: Focus Features)
US-Schauspielerin Julianne Moore hat in einem Interview mit "Variety" erklärt, dass sie sich heute unwohl fühlen würde, wieder eine queere Rolle wie die in der Filmkomödie "The Kids Are Alright" aus dem Jahr 2010 zu übernehmen. Die 59-Jährige erklärte, sie habe "viel darüber nachgedacht", warum die Hauptdarstellerinnen eines Films über eine "queere Familie" heterosexuelle Frauen waren. "Ich schaue zurück und denke mir: 'Autsch, wow.' Ich weiß nicht, ob wir das heute noch so machen würden. Ich weiß nicht, ob ich mich dabei wohl fühlen würde."
In "The Kids Are Alright" spielte Moore eine Frau, die gemeinsam mit ihrer Ehefrau zwei leibliche Kinder im Teenager-Alter großzieht. Ihre Ehefrau wird dargestellt von der ebenfalls heterosexuellen Schauspielerin Annette Bening. Der Film sorgte für manche Aufregung in der lesbischen Community, weil die zwei Mütter als lesbische Frauen dargestellt werden, die Figur von Moore dann aber eine Affäre mit dem Samenspender für ihre beiden Kinder (Mark Ruffalo) hat. Der Film wurde vier Mal für den Oscar nominiert und gewann einen Golden Globe als beste Filmkomödie des Jahres.
In dem Interview erklärte Moore, dass Schauspieler*innen aus der LGBTI-Community queere Rollen übernehmen sollten. Sie sagte aber auch, dass sie dankbar für die Rolle sei: "Wir müssen Menschen echte Repräsentanz geben, aber ich bin dankbar für all die Erfahrungen, die ich als Schauspielerin in meinem Job gehabt habe, weil mein Job darin besteht, die Universalität der Erfahrungen in dieser Welt zu kommunizieren", so Moore. "Die Idee ist, dass wir sagen, dass wir alle gleich sind, statt Menschen als die anderen darzustellen. Unsere Menschlichkeit teilen wir uns."
Lesbische Schauspielerin Jodie Foster lehnte die Rolle ab
Die offen lesbische Drehbuchautorin und Regisseurin Lisa Cholodenko verteidigte gegenüber "Variety" die Wahl der Hauptdarstellerinnen in ihrem Film. Sie habe die "Gayness" von Benning und Moore damals spüren können, so die 56-Jährige. "Das hat sich für mich nicht seltsam angefühlt. Es war nicht so, dass wir eine Frau in ein Kostüm gesteckt und gefragt haben, dass sie als falsche Person herumstolzieren soll", so Cholodenko. Zudem habe man die Rolle Jodie Foster angeboten, die aber kein Interesse daran gehabt habe. "Es gab also eine lesbische Frau, die nicht daran interessiert war, eine lesbische Frau darzustellen", erklärte die Filmemacherin.
Foster begründete die Ablehnung gegenüber "Variety" mit Terminkonflikten. Die 57-Jährige gab an, damals bereits den Film "Der Biber" gedreht zu haben, in dem sie sowohl Regie geführt als auch die Hauptrolle übernommen hatte – ausgerechnet an der Seite von Mel Gibson, gegen den es heute Antisemitismus- und Homophobievorwürfe gibt (queer.de berichtete).
In den vergangenen Jahrzehnten gab es mehrere heterosexuelle Schauspieler, die eine homosexuelle Figur darstellten und damit Lob oder Preise einheimsten – dazu gehören Stars wie Hugh Grant für "Maurice" (1987) und "A Very English Scandal" (2018), Jake Gyllenhaal und Heath Leadger für "Brokeback Mountain" (2005) oder Timothée Chalamet und Armie Hammer für "Call Me By Your Name" (2018).
Homo-Rollen als "Lockmittel, um Filmpreise zu kriegen"
Heute kritisieren aber besonders queere Schauspielerinnen und Schauspieler, dass sie im Filmgeschäft nicht gleichbehandelt werden wie Heterosexuelle. Wilson Cruz ("Star Trek: Discovery") sagte etwa vor wenigen Monaten, Homo-Rollen seien für Hetero-Schauspieler lediglich "Lockmittel, um Filmpreise zu kriegen" (queer.de berichtete).
Mehrere heterosexuelle Schauspieler haben nach Kritik angekündigt, keine Homo-Rollen mehr zu übernehmen, etwa der aus "Glee" und "American Crime Story" bekannte Darren Criss (queer.de berichtete). Auf der anderen Seite mussten sich homosexuelle Schauspieler verteidigen, wenn sie in Hetero-Rollen schlüpften, etwa Ex-Olympionike Gus Kenworthy (queer.de berichtete).
Die selbe Debatte, allerdings viel ausgeprägter, gibt es auch für trans Schauspieler*innen. Das führte etwa dazu, dass Superstar Scarlett Johansson 2018 nach langen Debatten eine Trans-Rolle für einen Film ablehnte (queer.de berichtete). Der geplante auf echten Tatsachen beruhende Film über einen trans Mann, der in den Siebziger- und Achtzigerjahren einen Massagesalon in Pittsburgh leitete, wurde daraufhin nie gedreht. (dk)
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"Scarlett Johansson to be replaced by a trans actor after controversial Rub & Tug movie is revived as a TV show"
www.pinknews.co.uk/2020/07/22/trans-actor-scarlett-johansson
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