Bundesrichter Justin Reed Walker hat am Freitag in Louisville (US-Bundesstaat Kentucky) geurteilt, dass sich eine christliche Hochzeitsfotografin weigern darf, aus religiösen Gründen für Homosexuelle zu arbeiten. Dem erstinstanzlichen Urteil zufolge könnte die städtische "Fairness Ordinance", die seit 1999 Diskriminierung aufgrund der Merkmale sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verbietet, zumindest teilweise verfassungswidrig sein.
Geklagt hatte die aus Louisville stammende Fotografin Chelsey Nelson. Sie argumentiert, dass das Diskriminierungsverbot für Homosexuelle im Zivilrecht ihr eigenes Recht auf Religions- und Redefreiheit verletze. Schließlich sei sie der religiösen Überzeugung, "dass Gott die Ehe als exklusiven Bund zwischen einem Mann und einer Frau" geschaffen habe. Ihr Glaube beeinflusse "jeden Aspekt ihres Lebens". Das schließe auch "ihre geschäftlichen und künstlerischen Aktivitäten" ein.
Richter Walker gab der Klägerin recht, betonte aber, dass Diskriminierung von Homosexuellen nicht grundsätzlich erlaubt werden dürfte. Denn Fotografieren sei nicht nur eine Dienstleistung, sondern wegen der künstlerischen Aspekte eine Form von Rede. Schließlich könne auch kein Redenschreiber dazu gezwungen werden, eine Rede für einen politischen Kandidaten zu formulieren, den er ablehnt. In seiner Urteilsbegründung schrieb er, dass das Schnellrestaurant McDonald's einem Schwulen einen Big Mac nicht verweigern dürfe, weil es sich bei dem Doppelburger nicht um eine Art von Rede halte – beim Fotografieren sei das aber anders.
Chelsey Nelson will keine Schwulen und Lesben fotografieren – dabei beruft sich die Hochzeitsfotografin auf ihren christlichen Glauben (Bild: Alliance Defending Freedom)
Das Urteil gilt als wenig überraschend, da Richter Walker als treuer Republikaner gilt. Er war früher Praktikant von Mitch McConnell, der heute mächtiger republikanischer Fraktionschef im US-Senat ist, und ist erst letztes Jahr von Präsident Donald Trump zum Bundesrichter ernannt worden. Es ist völlig offen, wie die höheren Instanzen entscheiden werden.
Die Trump-Regierung hatte im Februar erklärt, sie unterstütze die Klage von Chelsey Nelson (queer.de berichtete).
Ist Urteil Freibrief für Diskriminierung von Schwarzen oder Muslimen?
Die Bürgerrechtsorganisation ACLU warnte nach dem Urteil davor, dass Nelsons Argument dazu führen könne, dass in Zukunft beispielsweise weiße Rassisten ablehnen könnten, Schwarze zu bedienen. "Fotografen könnten dann Frauen, Muslimen, Afro-Amerikanern oder jeder andere Gruppe Fotodienstleistungen verweigern", so die ACLU. Dies führe die Idee, dass jeder Mensch gleichbehandelt werden solle, ad absurdum.
In den gesamten USA ist Diskriminierung eigentlich nach dem Bürgerrechtsgesetz "Civil Rights Act" von 1964 verboten – allerdings sind in dem Gesetz nur die Merkmale Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht und nationale Herkunft verankert. Das Merkmal "sexuelle Orientierung" ist in dem Gesetz nicht erwähnt. LGBTI-Organisationen fordern bereits seit Jahrzehnten, diesen Schutz ins Bundesrecht aufzunehmen – allerdings scheiterte dies bislang am Widerstand der Republikaner.
Derzeit gibt es in den USA mehrere Klagen gegen kommunale oder regionale Gleichbehandlungsgesetze, die sexuelle oder teilweise auch geschlechtliche Minderheiten schützen. Neben Fotograf*innen versuchen unter anderem auch LGBTI-feindliche Konditor*innen oder Florist*innen, eine richterliche Erlaubnis für die Diskriminierung Homosexueller zu erstreiten. (dk)