US-Präsident Donald Trump hat in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bei Twitter ein Video von Richard Grenell geteilt, in dem der 53-jährige Diplomat über die angeblichen Leistungen der Trump-Regierung bei LGBTI-Rechten spricht. "Präsident Trump hat in drei Jahren mehr getan, um die Rechte von Schwulen und Lesben voranzubringen, als Joe Biden in mehr als 40 Jahren", erklärte Grenell. Trump sei der "schwulenfreundlichste Präsident in Amerikas Geschichte".
Der offen schwule Grenell war von Mai 2018 bis Juni 2020 US-Botschafter in Berlin und teilweise parallel dazu von Februar bis Mai 2020 kommissarischer Geheimdienstkoordinator. Er gilt als wenig diplomatisch und als eine Person, die ihre Loyalität zu Trump über alle anderen Erwägungen stellt. Das Video wurde zuerst von den Log Cabin Republicans geteilt, der LGBTI-Organisation innerhalb der Trump-Partei.
Im Gegensatz zum derzeitigen republikanischen Präsidenten sei der demokratische Herausforderer Joe Biden ein wahrer Feind der Gleichbehandlung Homosexueller, erklärte Grenell weiter. So habe sich der frühere Vizepräsident aus Delaware dafür ausgesprochen, dass Homosexuelle generell zum Sicherheitsrisiko für diplomatische Aufgaben erklärt werden müssten. "Joe muss erschrocken gewesen sein, als Trump mich zum kommissarischen Geheimdienstkoordinator ernannt hat", behauptete Grenell. Joe Biden habe ihm auch nicht zu seinem Posten gratuliert, so Grennell schnippisch.
"Vier Jahrzehnte lang hat Joe Biden die LGBT-Community attackiert", sagte Grenell. So habe er "Don't ask, don't tell" unterstützt, also die 2011 von der Obama-Regierung abgeschaffte Regelung zum Verbot offen Homosexueller im US-Militär. Biden sei auch für DOMA gewesen, also das 2013 für verfassungswidrig erklärte Gesetz, das die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften durch die Bundesbehörden untersagte. Biden habe "wieder und wieder" gesagt, dass er gegen die Ehe für alle sei. "Und jetzt in einer Zeit, in der wir Fortschritte gemacht haben, hat Joe Biden seine Meinung geändert."
(Bild: Log Cabin Republicans)
Ganz anders sein Mentor, so Grenell weiter: "Präsident Trump ist der stärkste Verbündete, den schwule Amerikaner jemals im Weißen Haus gehabt haben." Er sei "für die Ehe für alle seit dem ersten Tag im Amt" gewesen, etwa weil er das Iran-Abkommen ablehne. Anderen LGBTI-Aktivistinnen und -Aktivisten warf er vor, schwule und lesbische Konservative zu mobben. "Wer sich gestern für Vielfalt eingesetzt hat, setzt sich heute für Intoleranz ein", so seine Analyse. Am Ende des knapp vierminütigen Videos setzte Grenell eine Kappe mit dem Trump-Slogan "Make America Great Again" in Regenbogenfarben auf.
Kritik am Werbevideo
Der Tweet hat scharfe Reaktionen hervorgerufen. Viele Nutzerinnen und Nutzer von Twitter beschwerten sich, dass Grenell die Fakten bewusst manipuliere. So habe er etwa verschwiegen, dass das Biden-Zitat, in dem Homosexuelle zum Sicherheitsrisiko erklärt werden, 47 Jahre alt ist. Im September 1973, als diese Worte fielen, war Homosexualität in 43 von 50 US-Bundesstaaten verboten. Bei der Debatte um "Don't ask, don't tell" habe Grenell verschwiegen, dass die Republikaner damals am noch bestehenden Totalverbot von Homosexuellen im Militär festhalten wollten – und bei DOMA, dass das Gesetz fast einstimmig durch die Parlamente gekommen sind.
Auch Trumps angebliche Leistungen wurden von LGBTI-Aktivist*innen infrage gestellt. So stelle sich Trump nicht gegen den Iran, weil er über die Hinrichtung Homosexueller empört sei, sondern weil das Land ein strategischer Gegner sei. Ein Beweis dafür sei, dass Saudi-Arabien, das mindestens so brutal wie der Iran gegen Homosexuelle vorgeht und diese auch hinrichten lässt, nie von Trump und Co. kritisiert wird, mutmaßlich weil es sich dabei um einen US-Verbündeten handelt. Auch dass sich Trump für die Öffnung der Ehe ausgesprochen habe, sei eher ein Gerücht: Nachdem der Supreme Court die Gleichstellung 2015 anordnete, sprach sich Trump vielmehr dafür aus, mehr konservative Richter zu ernennen, um Schwulen und Lesben das Ehe-Recht wieder entziehen zu können (queer.de berichtete).
Biden hatte sich dagegen als Vizepräsident bereits 2012, noch vor Präsident Obama, für die Ehe-Öffnung ausgesprochen (queer.de berichtete). Der 77-jährige Demokrat wird zudem von praktisch allen unabhängigen LGBTI-Organisationen unterstützt, darunter auch der Human Rights Campaign (queer.de berichtete). Die Organisation veröffentlichte eine lange Liste, wie die Trump-Regierung in vielen Bereichen gegen LGBTI-Anliegen handelte.
Vor vier Jahren erhielt Trump 16 Prozent der queeren Stimmen
Inwieweit die queere Kampagne Grenells Eindruck auf homo- und transsexuelle Wähler*innen macht, ist bislang unklar. Bei der letzten Wahl stimmten laut Umfragen mehr als drei Viertel der queeren Bevölkerung für die unterlegene Kandidatin Hillary Clinton, Trump erhielt dagegen nur 16 Prozent in dieser Gruppe (queer.de berichtete).
Zuletzt versuchte Trump, eher die größere Gruppe der weißen Evangelikalen für die Wahlen Anfang November bei der Stange zu halten – und diese schätzt es insbesondere, wenn Trump Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten einschränkt (queer.de berichtete).
Mal ne Frage an ihn: Wie sieht es in Trumps Hintern von innen aus? Als Arschkriecher müsste er es wohl am besten wissen!