Nach zehn Jahren an der Spitze des Lesben- und Schwulenverbands in der Hauptstadt sucht Jörg Steinert eine neue Herausforderung (Bild: LSVD Berlin-Brandenburg)
Der langjährige Landesgeschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, wird zum 31. Dezember seine berufliche Tätigkeit beim LSVD beenden. Das teilte der Verband am Mittwoch mit. "Er hat viel dazu beigetragen, die rechtliche, kulturelle und soziale Lebenssituation von LSBTI-Menschen nachhaltig zu verbessern. Im Einsatz für die Sache ist Jörg dabei auch Kontroversen nicht ausgewichen", so der LSVD-Landesverband. Dem 38-jährigen Aktivisten, der seit zehn Jahren Geschäftsführer ist, sei es "maßgeblich zu verdanken, dass der LSVD Berlin-Brandenburg sein breites zivilgesellschaftliches Unterstützungsnetzwerk aufbauen konnte, um Homophobie und Transphobie als gesamtgesellschaftlicher Herausforderung gemeinsam zu begegnen".
Steinert wird fortan als Berater auf Honorarbasis für die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee arbeiten, erklärte er gegenüber dem "Tagesspiegel". Die Moschee war 2017 von der prominenten Berliner Rechtsanwältin Seyran Ateş gegründet und von Anfang an vom LSVD unterstützt worden (queer.de berichtete). In dem Gotteshaus predigte unter anderem der offen schwule Imam Ludovic-Mohamed Zahed (queer.de berichtete). Ateş und Steinert sind befreundet und pilgern gemeinsam seit Anfang der Woche auf dem Jakobsweg.
Steinert ist eine schillernde Figur in der Berliner Szene und engagierte sich in mehreren Bereichen – etwa von 2012 bis 2014 als Mitglied im Aufsichtsrat des Fußballvereins Türkiyemspor Berlin oder als begeisterter Pilgerreisender und Berlin-Beauftragter der Jakobusgesellschaft.
Der Berliner LSVD-Chef sorgte aber auch für Kontroversen. Beispielsweise geriet er vergangenes Jahr wegen eines CSD-Kumpelfotos mit dem umstrittenen damaligen US-Botschafter Richard Grenell in die Kritik (queer.de berichtete). Das führte zu einem Konflikt mit dem LSVD-Bundesverband, der Steinert vorwarf, die Community durch eine wenig souveräne Reaktion auf die Kritik am Grenell-Bild an die Springer-Presse und AfD "verraten" zu haben. LSVD-Bundesvorstandsmitglied Alfonso Pantisano forderte deshalb seinen Rücktritt (queer.de berichtete). (dk)
Jörg Steinert und die neue Tätigkeit bei der Frauenrechtlerin Seyran Ates zeigen wie wichtig trotz einzelner inhaltlicher Differenzen in der Community und auch im LSVD der Einsatz für das Berliner Neutralitätsgesetz und das Landesantidiskriminierungsgesetz als dessen Ergänzung sind. Für den LSVD , die LGBTI -Rechte und den Kampf gegen Rassismus und gegen religiösen Fundamentalismus.
Eine liberale Moscheegemeinde, die mit langjährigen LSVD und LGBTI Aktivisten*Innen wie Jörg Steinert zusammenarbeiten möchte, ist ein gutes Zeichen gegen rechts.