Jerry Falwell Jr. ist nicht der erste evangelikale Anführer, der trotz angeblich höchster moralischer Standards über eine Sexaffäre stoplert (Bild: Gage Skidmore / flickr)
Jerry Falwell Jr. hat am Dienstag nach mehreren Affären seinen Rücktritt als Kanzler der evangelikalen Liberty University in Lynchburg verkündet. "Danke, Allmächtiger. Ich bin endlich frei", so Falwell am Dienstag im Radiosender NPR. "Ich gehe, weil ich meiner Meinung nach alles getan habe, was ich kann. Es ist besser zu gehen, wenn man obenauf ist", fuhr der 58-Jährige ohne Ironie fort.
Finanzielle Sorgen muss sich der Baptistenpfarrer nicht machen: Laut "Washington Post" erhält Falwell für seinen Rücktritt eine Abfindung in Höhe von 10,5 Millionen Dollar (8,9 Millionen Euro). Der Uni-Vorstand habe die 2019 in seinem Vertrag vereinbarte Abfindung trotz der seltsamen Umstände um seinen Rücktritt nicht angefochten. "Es gab ja keinen Grund dafür. Ich habe nichts getan", so Falwell.
Freilich hat die evangelikale Uni, die homosexuellen Studierenden sexuelle Aktivitäten selbst außerhalb des Campus verbietet, unter den Falwell-Skandalen gelitten. Anfang des Monats begann die Affäre, als der sich stets hochmoralisch gebende Falwell auf Instagram ein Bild veröffentlicht hatte, das ihn mit geöffneter Hose und einer fremden Frau im Arm zeigt. Kurze Zeit später wurde publik, dass Falwells Frau über Jahre eine sexuelle Beziehung mit Poolboy Giancarlo Granda unterhielt – und Falwell laut dem jungen Sexpartner beim Liebesspiel im Raum gewesen sein und zugeschaut haben soll (queer.de berichtete).
Poolboy: Falwell sah uns im Speedo beim Sex zu
Falwell gibt inzwischen zu, dass seine Frau eine langjährige Affäre mit Granda gehabt habe. Der frühere Hotelpoolboy, den Falwell sogar US-Präsident Donald Trump vorgestellt hatte, erzählt inzwischen immer mehr Details über die Affäre: Am Dienstag sagte der heute 29-Jährige, Falwell habe die sexuellen Aktivitäten zwischen ihm und dessen Frau im Zimmer in einem Speedo, also einer eng anliegenden Badehose, verfolgt. "Ihm hat es gefallen, uns persönlich oder auch via Videokameras zuzuschauen", behauptete Granda. "Er hat auch unsere Telefongespräche belauscht."
Dagegen behauptet Falwells Frau Becki nun, dass ihr Mann ihr nie beim Sex mit Granda zugeschaut habe. Am Dienstag sagte sie, dass sie ihren Mann betrogen habe, dieser aber ein solch "vergebungsvoller" Mensch sei, dass er ihr ihren Jahre dauernden Fehltritt nicht anlaste. "Wir lieben uns mehr als je zuvor", so Becki Falwell.
Die Affäre wird von vielen queeren Menschen mit Genugtuung aufgenommen, da Falwell Homo- und Transsexuellen immer wieder vorgeworfen hatte, wegen ihre sexuellen Identität oder Geschlechtsidentität "Sünder" zu sein. Falwell gilt auch als einflussreicher Unterstützer für Trump, dem der US-Präsident nach seinem Wahlsieg sogar angeboten haben soll, Bildungsminister zu werden. Falwell behauptete, er habe abgelehnt, weil er nicht mit seiner Familie nach Washington D.C. umziehen wollte.
Mit dem Aus von Falwell endet eine Ära in der Liberty University. Die private Hochschule mit mehr als 100.000 Studierenden war von seinem Vater Jerry Falwell Sr. Anfang der Siebzigerjahre als Bildungsstätte für konservative Christinnen und Christen gegründet und jahrzehntelang angeführt worden. Nach dem Tod des Seniors, der ebenfalls ohne Unterlass gegen Homosexuelle polemisierte, übernahm sein Sohn 2007 die Uni-Leitung. Die Hochschule verbreitet viele Einstellungen, mit der sie sich von "liberalen" Universitäten absetzen will – so wird Kreationismus gelehrt und behauptet, die Erde sei nur wenige tausend Jahre alt und Dinosaurier hätten zur Zeit der Alten Ägypter gelebt. Auf dem Unigelände sollen laut Medienberichten sogar Dinosaurierknochen ausgestellt sein, die laut einer Aufschrift 3.000 Jahre alt seien. (dk)