Erneut sucht J.K. Rowling die Eskalation im Streit um ihre transphoben Äußerungen: Die britische Schriftstellerin hat am Donnerstag vor der angeblich aktiven "radikalen Trans-Rechte-Bewegung" gewarnt und einen Menschenrechtspreis der gemeinnützigen Organisation "Robert F. Kennedy Human Rights" (RFKHR) zurückgegeben. Die Organisation erinnert an den Bruder von US-Präsident John F. Kennedy, der im Jahr 1968 während des Vorwahlkampfes einem Attentat zum Opfer gefallen war.
Die 55-jährige Rowling hatte vergangenen Dezember für ihren angeblichen Einsatz für Menschenrechte und Gleichbehandlung die "Ripple of Hope"-Auszeichnung bei einer Galaveranstaltung in New York City überreicht bekommen. Sie befindet sich damit in illustrer Gesellschaft: Bisherige Preisträger sind Barack Obama, Erzbischof Desmond Tutu, Bono, Hillary Rodham Clinton, George Clooney, Harry Belafonte, Tim Cook, Tony Bennett und Robert de Niro.
Rowling empörte sich über ein Anfang des Monats von RFHKR-Präsidentin Kerry Kennedy veröffentlichtes Schreiben, in dem die Erfinderin des "Harry Potter"-Franchise wegen "besorgniserregender transphober Tweets und Aussagen" kritisiert wird. Die 60-jährige Kerry Kennedy ist Tochter von Robert F. Kennedy und Ex-Frau von New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo.
Rowling: Habe "Mitgefühl" für Menschen mit "Geschlechtsidentitätsstörung"
Empört widersprach Rowling auf ihrer Homepage: "Die Mitteilung hat zu Unrecht angedeutet, dass ich transphob bin und verantwortlich dafür, dass trans Menschen geschädigt werden." Sie hasse trans Personen nicht und habe viel Geld für LGBTI-Organisationen gespendet. "Ich habe nichts als Mitgefühl für jene, die mit einer Geschlechtsidentitätsstörung leben", behauptete Rowling. (Der Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung" wird von trans Aktivist*innen oft als beleidigend kritisiert und wird von vielen Ärzteverbänden bereits nicht mehr genutzt.) Gleichzeitig beklagte Rowling, dass medizinisches Personal heutzutage zu "freizügig" sei, Transsexualität zu diagnostizieren.
Ferner bezichtigte Rowling Organisationen, die sich für die Gleichbehandlung von trans Menschen einsetzen, Teil einer "radikalen Trans-Rechte-Bewegung" zu sein, die Frauenrechte schwächten. Wörtlich schrieb die Autorin: "Die RFKHR hat behauptet, dass es keinen Konflikt zwischen der augenblicklichen radikalen Trans-Rechte-Bewegung und den Rechten von Frauen gibt". Dieser angebliche Konflikt zwischen transsexuellen und cissexuellen Frauen könne aber nur durch eine nuanciertere Debatte gelöst werden, forderte die britische Schriftstellerin
Rowling vertritt Positionen von sogenannten "trans-exclusionary radical feminists" (TERF), also Feministinnen und Feministen, die trans Rechte ablehnen. Diese sind auch in der Homosexuellenbewegung aktiv. In Rowlings Heimatland wurde etwa erst vergangenes Jahr mit der LGB Alliance eine Organisation gegründet, die Homosexuellenrechte befürwortet, aber Rechte für trans Menschen ablehnt (queer.de berichtete).
Selbst "Harry Potter" stellt sich gegen Rowling
J.K. Rowling sorgt bereits seit längerem mit gegen trans Menschen gerichteten Äußerungen und Thesen für Aufregung – etwa mit der Behauptung, dass trans Frauen keine echten Frauen seien (queer.de berichtete). Dafür wurde sie heftig kritisiert, unter anderem auch von Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe (queer.de berichtete). LGBTI-Aktivisten kritisierten, es sei verwerflich von der Autorin, sich mit trans Menschen ausgerechnet eine besonders gefährdete Gruppe als mutmaßliches Hassobjekt auszusuchen. So litten geschlechtliche Minderheiten mehr als andere Mitglieder der LGBTI-Community unter Ausgrenzung, was sehr häufig zu Depressionen und sogar zu Selbstmordversuchen führe.
Rowling sieht sich hingegen als Opfer: Zum Höhepunkt der Kritik Anfang Juli wurde ein von J.K. Rowling und mehr als 100 anderen Prominenten unterzeichneter "Offener Brief" veröffentlicht, in dem beklagt wird, dass man heutzutage so gut wie nichts Kontroverses mehr sagen könne, ohne dass es "Rufe nach sofortiger Vergeltung" gebe. Auch trans Aktivistin Jennifer Finney Boylan hatte diesen Brief unterzeichnet, später aber ihre Unterschrift mit Blick auf Rowling bedauert. Daraufhin machte sich die "Harry Potter"-Autorin auf Twitter über die trans Frau lustig (queer.de berichtete). (dk)