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Der Hass der Querdenker

"Symbole anderer Gruppen auf einer Bühne zu zerreißen ist verantwortungslos"

Abgeordnete der demokratischen österreichischen Parteien sind außer sich über eine queerfeindliche Aktion bei der Demo der Corona-Leugner*innen. Nun mehren sich die Forderungen nach rechtlichen Schritten.


Der Vorfall bei der "Querdenker"-Kundgebung vom Samstag (Bild: Screenshot)

  • 7. September 2020, 11:11h 16 4 Min.

Das Zerreißen einer Regenbogen­fahne bei einer Protestaktion der Anti-Corona-Bewegung "Querdenken" vom Samstag in Wien ist auf heftige Reaktionen der Politik gestoßen. Politiker*­innen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne sowie der Oppositionsführerin SPÖ haben einhellig rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen gefordert.

Ein Video der Aktion hatte sich am Samstag viral verbreitet. Darin ist zu sehen, wie mehrere Redner*­innen die bunte Flagge zerreißen und daraufhin Rednerin Jenny Klaus (auch Jennifer Klauninger) unter Applaus verkündet: "Ihr seid kein Teil unserer Gesellschaft. Wir müssen unsere Kinder gegen Kinderschänder schützen. Wir alle sind dafür verantwortlich" (queer.de berichtete). Später war argumentiert worden, dass sich die Aktion angeblich gegen ein auf der Regenbogen­flagge angebrachtes Herz gerichtet habe, was von den Verschwörungstheoretikern als angeblich geheimes Symbol für Pädophilie (fehl)gedeutet wurde (s. ebenfalls Vorbericht). Zugleich ist es in rechten und Verschwörungs-Kreisen populär, Homo- und Pädosexualität zu verknüpfen und Regenbogen­flaggen als Symbol für eine vermeintlich zu bunte Gesellschaft und "Gender-Ideologie" zu bekämpfen.

"Meinungsfreiheit funktioniert wie jede Freiheit nur in Verbindung mit Verantwortung. Symbole anderer Gruppen auf einer Bühne zu zerreißen ist verantwortungslos und mit den dort verbreiteten Hassbotschaften sogar mehr als das", erklärte der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Nico Marchetti am Sonntagnachmittag auf Facebook. Deshalb finde er es richtig, dass mehrere Politiker*­innen bereits angekündigt hatten, die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten, um den Fall zu überprüfen. "Ich verurteile diese Aktion aufs Schärfste und bin stolz darauf, dass in Österreich weder irgendwelche Extremisten noch die sexuelle Orientierung darüber entscheidet, ob man Teil unserer Gesellschaft ist", so Marchetti weiter.

Der 30-Jährige ist offen schwul – als einer von sechs offen homo­sexuellen Abgeordneten der Regierungsfraktionen. Diese Politikergruppe wurde erst im Juni von einer LGBTI-Organisation für ihr fehlendes Engagement für gleiche Rechte kritisiert (queer.de berichtete).

Meinungsfreiheit funktioniert wie jede Freiheit nur in Verbindung mit Verantwortung. Symbole anderer Gruppen auf einer...

Gepostet von Nico Marchetti am Sonntag, 6. September 2020
Facebook / Nico Marchetti
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Verfahren wegen Volksverhetzung gefordert

Mehrere Politiker*innen forderten ein Gerichtsverfahren wegen Volksverhetzung (auf Österreichisch: Verhetzung). Darauf steht laut Paragraf 283 des Strafgesetzbuches eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. "Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie Menschen in unserem Land in aller Öffentlichkeit verhetzt werden", erklärte die SPÖ-Politikerin Heinisch-Hosek, die in vorherigen Regierungen unter anderem Frauen- und Bildungsministerin war. Sie kündigte eine parlamentarische Anfrage an Bundesinnenminister Karl Nehammer an – der ÖVP-Politiker soll unter anderem beantworten, warum die Veranstaltung nach dem Eklat nicht unterbrochen wurde.

Scharfe Reaktionen kamen auch aus der Wiener Landespolitik. Gemeinderat Peter Kraus (Grüne) erklärte bereits am Samstag auf Twitter: "Meinungsfreiheit darf nicht für Hetze missbraucht werden." Er habe bereits eine Rechtsanwältin eingeschaltet, um juristisch gegen die Sache vorzugehen.

Twitter / peterkraus
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Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) ergänzte in Richtung LGBTI: "Ihr seid Teil unserer Gesellschaft – egal, wen ihr liebt! Was kein Teil unserer Gesellschaft ist, sind Hass und Hetze! Meine Solidarität gilt der gesamten LGBTIQ-Community. Ich verurteile jeden Angriff auf sie aufs Schärfste."

Twitter / ChairNoHorseKey
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Jenny Klaus will Gegendemo stören

Unterdessen kündigte die Flaggenzerreißerin Jenny Klaus in einem Video an, bei der für Montagabend von LGBTI-Aktivist*innen als Reaktion auf den Vorfall geplanten Kundgebung gegen Hass "präsent" sein zu wollen – mit mindestens zehn anderen Leuten. In dem Gespräch mit dem früheren rechten Politiker Martin Rutter, das von Kritikern in einer gekürzten Fassung in sozialen Netzwerken geteilt wurde, werden die Grünen als Befürworter von Pädophilie dargestellt.

Twitter / deltamikeplus
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Die Kundgebung am Montag wird unter anderem von der grünen Nationalratsabgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic organisiert, zusammen mit Szeneverbänden und Vertreter*innen anderer Parteien. "Das Zerreißen einer Regenbogenfahne als klares Symbol der Ausgrenzung dieser Community ist schlicht inakzeptabel", so begründete die Ökopartei ihr Engagement gegen den Corona-Leugner*innen.

Hetze ist keine Meinungsfreiheit. Das Zerreißen einer #Regenbogenfahne ????als klares Symbol der Ausgrenzung dieser...

Gepostet von Die Grünen am Sonntag, 6. September 2020
Facebook / Die Grünen
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Deutsche "Querdenker" machen sich lustig

Die Stuttgarter Organisation "Querdenken 711" machte sich via Twitter über die Kritik an der Aktion der Wiener Glaubensbrüder und -schwestern lustig. "Sachbeschädigung lehnen wir ab", heißt es darin zwar, dann wurde aber fortgefahren: "Abnehmen der Fahne und Weglegen, wie unsere Kanzlerin es gemacht hat, reicht vollkommen." Damit wird offenbar auf eine Szene aus einer CDU-Wahlparty aus dem Jahr 2013 angespielt, in der Kanzlerin Merkel ihrem damaligen Generalsekretär Hermann Gröhe ein Deutschland-Fähnchen aus der Hand nimmt.



"Querdenken 711" hatte vor einer Woche noch in Berlin eine Großdemonstration organisiert, bei der neben Reichsflaggen und anderen rechtsextremen Symbolen von den Teilnehmenden auch vereinzelt Regenbogenflaggen gezeigt wurden (queer.de berichtete).

In Österreich ist derzeit nur die Verunglimpfung von einheimischen staatlichen Fahnen direkt verboten ("Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole"). In Deutschland ist auch die Verunglimpfung von ausländischen Fahnen und der Europaflagge direkt untersagt, aber nicht die der Regenbogenfahne. In beiden Ländern könnten aber derartige Aktionen als Volksverhetzung verfolgt werden.

Letztes Jahr kam es in Berlin zu einem ähnlichen Zwischenfall wie in Wien: Damals versuchten zwei Jugendliche, eine für die CSD-Saison gehisste Regenbogenfahne am Bezirksrathaus Köpenick zu verbrennen (queer.de berichtete). 2016 soll auch ein AfD-Parlamentskandidat eine Regenbogenfahne verbrannt haben (queer.de berichtete). (dk)

Wöchentliche Umfrage

» In Deutschland ist die Verunglimpfung staatlicher Flaggen verboten. Soll das auch für die Regenbogenfahne gelten?
    Ergebnis der Umfrage vom 07.09.2020 bis 14.09.2020
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#1 KaiJAnonym
#2 gayflecktarnhoseProfil
  • 07.09.2020, 12:12hBremen
  • Hallo,
    diese Querdenker sind doch derart vom Hass
    zerfressen, dass sie gar nicht mehr wissen was sie
    überhaupt von sich geben.
    Nur leider wird ihnen ja von den Medien noch die
    Möglichkeit gegeben sich zu präsentieren damit jeder diese Pack sieht und ihren Schwachsinn hört.
    Alle Menschen die nicht in ihr Profil passen werden
    einfach verteufelt.
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#3 Taemin
  • 07.09.2020, 12:40h
  • Wieder einmal treffen Heterosexismus und Antisemitismus aufeinander. Die Volksverhetzung, dass Schwule und Lesben Kinderschänder seien, ist nichts anderes als die Neuauflage der mittelalterlichen Legende, dass Juden Christenkinder schlachten, um ihr Blut zu trinken (darin wurzelt ja auch die inhaltsgleiche Wahnidee von Q anon). Sowohl die Kinderschänder- als auch die Ritualmordlegende sind Erfindungen der kath. Kirche. Deren geistige Verbindung zu den rechtsextremen Corona-Aktionen wird immer deutlicher - zu einer Zeit, da sie durch ihren "synodalen Weg" die Menschen einzulullen sucht, während sie im Nachbarland Polen ihre hässliche Fratze ganz unverhohlen zeigt.
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