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Grüne fordern Selbstbestimmungsgesetz

"40 Jahre Trans­sexuellengsetz sind 40 Jahre Menschenrechtsverletzung"

Seit Jahren versprechen Bundesregierungen eine Reform des Murksgesetzes für trans Menschen – und scheitern stets. Anlässlich des 40. Jahrestages des Bestehens nehmen die Grünen einen neuen Anlauf.


Sven Lehmann appelliert an die vier anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag, endlich das Transsexuellengesetz zu beerdigen (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)

  • 9. September 2020, 13:40h 18 3 Min.

Morgen vor 40 Jahren – am 10. September 1980 – ist das "Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG)" veröffentlicht worden. Das am 1. Januar 1981 in Kraft getretene Gesetz folgte nicht auf Initiative von fortschrittlichen Kräften in den Bundestagsfraktionen, sondern aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassfassungsgerichts vom Oktober 1978, das den fehlenden rechtlichen Rahmen für trans Menschen kritisierte. Damit ähnelt es dem Gesetz zur Dritten Option, das die Bundesregierung nach dem Befehl aus Karlsruhe 2018 nur widerwillig verabschiedete (queer.de berichtete).

LGBTI-Aktivist*innen sind sich weitgehend einig: Das TSG ist genauso schlecht und löchrig wie das Gesetz zur Dritten Option. Es wird von Betroffenen in der aktuellen Form insbesondere wegen als schikanierend kritisierten Zwangsgutachten von trans Menschen gehasst. Viele Aspekte des Gesetzes sind inzwischen ohnehin vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden – etwa die Zwangssterilisierung oder der diskriminierende Zwang zur Ehescheidung. Mehrere Bundesregierungen scheiterten mit einer Reform. Ein von LGBTI-Aktivst*innen abgelehnter Entwurf von der früheren Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) wurde vor fast genau einem auf Eis gelegt (queer.de berichtete). Seither ist nichts mehr geschehen.

"Seit 40 Jahren verursacht dieses Gesetz unnötiges Leid"

Angesichts dieser traurigen Geschichte fordern die oppositionellen Grünen einen neuen Anlauf: Der 40. Jahrestag sei "kein Grund zum Feiern, sondern ein Tag, der wütend macht", erklärte Sven Lehmann, der Fraktionssprecher für Queerpolitik, am Mittwoch. "40 Jahre Transsexuellengsetz sind 40 Jahre Menschenrechtsverletzung. Seit 40 Jahren verursacht dieses Gesetz unnötiges Leid und beeinträchtigt das Selbstbestimmungsrecht in menschenunwürdiger Weise. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Zeit bereits sechs Regelungen des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt", so Lehmann. Freilich wurde das Gesetz auch nicht während der siebenjährigen Mitregierungszeit der Grünen zwischen 1998 und 2005 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angegangen.

Entschädigung für "erniedrigenden Akt" gefordert

Insbesondere die bis 2011 übliche Zwangssterilisierung, der in Deutschland mehr als 10.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, müssten entschädigt werden, so Lehmann. "Sie hatten keine andere Wahl, wenn sie ihr richtiges Geschlecht juristisch anerkennen lassen wollten. Damit hat der Staat ihnen die Möglichkeit genommen, eine Familie zu gründen. Einem Menschen die Fortpflanzungsfähigkeit zu nehmen, ist ein menschenrechtsverletzender und zutiefst erniedrigender Akt."

Twitter / svenlehmann
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Es sei eine Stärke des demokratischen Rechtsstaates, Fehler einzuräumen. "Und es ist seine Aufgabe, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu entschädigen. In unserem Antrag fordern wir daher einen Entschädigungsfonds", so Lehmann. Dieser solle auch intergeschlechtliche Menschen einbeziehen, "deren körperliche Unversehrtheit ohne ihre Zustimmung verletzt wurde".

AfD hält Selbstbestimmung für "Gender-Gaga"

Bereits im Juni diesen Jahres hatten die Grünen ein Selbstbestimmungsgesetz (PDF) vorgestellt (queer.de berichtete). Bei einer Debatte zeigten sich auch die Regierungsfraktionen offen für eine Reform (queer.de berichtete). Nur die AfD lehnt die Reform ab, weil für sie all diese Debatten nur "Gender-Gaga" sind (queer.de berichtete). Lehmann appellierte daher "an alle demokratischen Fraktionen im Bundestag, unseren Entwurf zu unterstützen und trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen künftig die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt und würdevoll zu leben".

Auch die FDP hatte dieses Jahr einen eigenen Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt (PDF). Als die Liberalen noch in der Regierung waren (bis 1998 und 2009 bis 2013) hatten sie freilich das Thema auch nicht angepackt.

Andere Länder tun sich weniger schwer damit, trans Menschen Selbstbestimmung zu gewähren. Deutsche Nachbarländer wie die Niederlande oder Dänemark haben deshalb schon vor Jahren ihre Gesetze entstaubt. (dk)

#1 Taemin
  • 09.09.2020, 14:13h
  • Ich erinnere mich doch sicher nicht verkehrt, dass vor nicht allzu langer Zeit die Grünen zwei Legislaturperioden lang an der Macht waren, davon in der zweiten durch eigene Stimmengewinne selbst gestärkt und mit einem durch erhebliche Stimmenverluste geschwächten Koalitionspartner. Konnte man denn da so gar nichts erreichen für Transmenschen?
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#2 PinoAnonym
  • 09.09.2020, 14:57h
  • Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich mal in die Pötte kommt.

    Aber ich bin sehr skeptisch:
    der letzte Vorschlag von der SPD wäre ja sogar noch eine Verschlechterung der Situation gewesen. Gut, dass es so massive Proteste gab, dass die SPD das zurückgezogen hat.

    Es müssen endlich alle Forderungen der Betroffenen umgesetzt werden, denn das sind diejenigen, die es betrifft. Und damit schadet man keinem anderen. Es wird keiner Nicht-Trans-Person irgendwas weggenommen oder irgendwas verschlechtert. Der einzige Grund, das weiterhin zu blockieren wäre der Wunsch, Trans-Menschen weiterhin zu diskriminieren. Sonst gibt es kein einziges Argument dagegen.
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#3 PinoAnonym
  • 09.09.2020, 15:07h
  • Antwort auf #1 von Taemin
  • Naja, erstens waren das nicht ganz zwei Legislaturperioden und zweitens ist das schon 15-22 Jahre her, also nicht "kürzlich" (war von 1998-2005).

    Und es ist ja nun auch bekannt, dass damals die SPD unter Gerhard Schröder alle möglichen LGBTI-Themen blockiert hat (queer.de berichtete).

    Die Grünen wollten ja schon damals die Ehe öffnen und zumindest die volle Gleichstellung im Adoptionsrecht. Aber dann blockierte die SPD auf einmal sogar die Eingetragene Partnerschaft (obwohl sie das vor der Wahl versprochen hatten).

    Nur weil die Grünen dann zumindest das zur Koalitionsbedingung gemacht hatten, ist die SPD damals eingeknickt und hat das zugestimmt. Aber noch mehr war damals einfach nicht zu bekommen. Denn die Grünen waren ja kleiner Koalitionspartner einer damals noch sehr starken SPD. Da muss man eben Kompromisse eingehen, aber sie haben zumindest das Möglichste rausgeholt. Und wer mehr will, muss sie halt stärker machen.
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