Laut einem neuen Erlass der österreichischen Bundesregierung sind nun sechs Eintragungsmöglichkeiten für die Kategorie Geschlecht zulässig. Dabei handelt es sich um weiblich, männlich, inter, divers, offen sowie die Möglichkeit zur Streichung, teilte das Bundesinnenministerium diese Woche mit.
Bei der Geburt legt die verantwortliche Person – Arzt, Ärztin, Hebamme oder Entbindungspfleger – fest, welches Geschlecht eingetragen wird. Intersexuelle Personen, die nicht als weiblich oder männlich registriert worden sind, können ihren Eintrag künftig einfach ändern – bei Minderjährigen tut dies die gesetzliche Vertretungsperson. Allerdings ist eine Änderung von "männlich" oder "weiblich" in eine der vier anderen Eintragungsmöglichkeiten nur möglich, wenn die betroffene Person ein Gutachten über eine körperliche "Variante der Geschlechtsentwicklung" vorlegt.
Ein derartiges Zwangsgutachten wird von LGBTI-Aktivst*innen scharf kritisiert: "Die Änderung des Erlasses ist ein wichtiger Schritt für die Inter* Community. Leider werden intergeschlechtliche Menschen weiterhin pathologisiert und der Schritt zur Selbstbestimmung bleibt in weiter Ferne", erklärte Luan Pertl von der Plattform Intersex Österreich. "Hier wurde eine große Chance vertan, allen Menschen, die sich in dem binären Geschlechterbild nicht wiederfinden, einen alternativen Geschlechtseintrag zu ermöglichen", ergänzte Anton Wittmann von der HOSI Salzburg. Auch in Deutschland wehrt sich die Community gegen Zwangsgutachten und wirbt dafür, dass die Möglichkeit zu einer dritten Geschlechtsoption nicht nur inter sondern auch trans und nicht-binären Menschen offen stehen solle.
"International einzigartig"
HOSI-Salzburg-Aktivistin Gabriele Rothuber erklärte außerdem, dass die sechs Eintragungsmöglichkeiten "international einzigartig" seien. Sie regte an, dass nun als nächster Schritt ein gesetzliches "Verbot geschlechtsverändernder medizinischer Maßnahmen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen" folgen solle. Ein derartiges Verbot sollte laut Koalitionsvertrag auch in Deutschland eingeführt werden, Schwarz-Rot hat dies aber bislang nicht umgesetzt (queer.de berichtete).
Wie in Deutschland mussten sich auch österreichische Intersexuelle das Recht auf einen Geschlechtseintrag jenseits von männlich und weiblich in langwierigen Gerichtsverfahren einklagen: Der Wiener Verfassungsgerichtshof hatte bereits vor über zwei Jahren nach einer Klage geurteilt, dass es in der Alpenrepublik das Grundrecht darauf gebe, mit einer dritten Geschlechtsoption anerkannt zu werden (queer.de berichtete). Ein Jahr später wurde ein Reisepass mit dem Geschlechtseintrag "X" ausgestellt (queer.de berichtete). (dk)