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Vorstellung der Studie "Tabu und Toleranz"

AKK bittet Homo­sexuelle in der Bundeswehr um Entschuldigung

Die lange praktizierte Diskriminierung homosexueller Soldat*innen sei "beschämend und unerhört", sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Donnerstagabend in Berlin. Die Opfer sollen eine Entschädigung erhalten.


Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei der Vorstellung der Studie "Tabu und Toleranz. Der Umgang der Bundeswehr mit Homosexualität von 1955 bis zur Jahrtausendwende" am Donnerstagabend in Berlin
  • 18. September 2020, 06:02h 10 4 Min.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Entschädigung für Soldat*innen angekündigt, die wegen ihrer Homosexualität in der Bundeswehr diskriminiert wurden. Ein diesbezüglicher Gesetzentwurf werde in Kürze in die Ressortabstimmung gegeben, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstagabend in Berlin bei der Vorstellung der Studie "Tabu und Toleranz" (PDF) zum Umgang mit Homosexualität in den Streitkräften. Zudem sollten Betroffene rehabilitiert und Urteile von Truppengerichten gegen sie aufgehoben werden.

Kramp-Karrenbauer nannte die lange praktizierte Diskriminierung von Soldaten wegen ihrer sexuellen Orientierung "beschämend und unerhört". "Die Haltung der Bundeswehr zur Homosexualität war falsch. Sie war damals schon falsch und hinkte der Gesellschaft hinterher, und sie ist es aus heutiger Sicht umso mehr", sagte die Ministerin in ihrer abgelesenen Rede. "Ich bedauere diese Praxis sehr. Bei all denen, die darunter zu leiden hatten, bitte ich um Entschuldigung."

Kramp-Karrenbauer: "Wir korrigieren was möglich ist"

Sie könne sich "kaum vorstellen, was für eine kontinuierliche Anspannung, was für eine Angst, aber auch Demütigung das war", so die Ministerin. "Wir werden nicht jedem, dem Unrecht geschah, gerecht werden können", räumte Kramp-Karrenbacher ein, aber "wir korrigieren was möglich ist". Dabei werde die Bundesregierung bis "an den Rand des juristisch Machbaren gehen". Nicht das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung dürften für die Beurteilung von Soldat*innen maßgeblich sein, sondern allein deren Fähigkeiten.

Die von der Ministerin vorgestellte Studie zeigt anhand zahlreicher Einzelbeispiele die Diskriminierung von Soldaten von 1955 bis zur Jahrtausendwende auf. Die Diskriminierung homosexueller Soldaten war noch bis zum Jahr 2000 auch offiziell gängige Praxis gewesen, bis dies durch einen Erlass des damaligen Bundesverteidigungsministers Rudolf Scharping (SPD) beendet wurde. Erst Scharping habe damals die Kehrtwende vollzogen, heißt es in der Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Zuvor mussten Soldaten mit erheblichen Nachteilen rechnen, sie wurden nicht befördert und durften keine Funktionen als Vorgesetzte ausüben (queer.de berichtete).

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Die Studie war noch von Kramp-Karrenbauers Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen, der heutigen EU-Kommissionspräsidentin, in Auftrag gegeben worden. Von der Leyen setzte sich in ihrer Amtszeit von 2010 bis 2017 für eine Aufarbeitung ein und veranstaltete ein Seminar über sexuelle Vielfalt (queer.de berichtete). Für dieses vermeintliche "Sex-Seminar" wurde sie damals von CSU, AfD und SPD kritisiert (queer.de berichtete).

SPD: Bundeswehr müsse sich jetzt "grundsätzlich neu ausrichten"

Die Oppositionsparteien Grüne und FDP, der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) sowie die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hatten die Studie und die angekündigte Rehabilitierung bereits im Vorfeld der Veranstaltung ausdrücklich begrüßt (queer.de berichtete). Am Donnerstagabend würdigte auch der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner, dass sich das Verteidigungsministerium "zu einer Entschädigung für die Opfer durchgerungen" habe. "Diesen Schritt zur Wiedergutmachung begrüßt die SPD-Fraktion im Bundestag aus vollem Herzen", so der queerpolitische Sprecher. Die Bundeswehr müsse sich jetzt "grundsätzlich neu ausrichten; offener und diverser werden".

Direktlink | Die Vorstellung der Studie "Tabu und Toleranz" im Livestream
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AKK verglich gleichgeschlechtliche Ehen mit Polygamie

Annegret Kramp-Karrenbauer war in den letzten Jahren immer wieder wegen LGBTI-feindlicher Äußerungen in der Kritik. 2015 sorgte sie als saarländische Ministerpräsidentin für Aufruhr, als sie die gleichgeschlechtliche Ehe mit einer Ehe unter Verwandten oder Polygamie verglich. Für diese Äußerungen entschuldigte sie sich nie, sondern verteidigte sie trotzig (queer.de berichtete).

Letztes Jahr sorgte sie als frischgebackene CDU-Chefin mit Äußerungen gegen intergeschlechtliche Menschen für Kopfschütteln: Im Rahmen des Karnevals hatte sie damals erklärt, "Toiletten für das dritte Geschlecht" seien "für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette". Für den "Scherz" wurde die CDU-Chefin von anderen Parteien sowie den Lesben und Schwulen in der Union scharf kritisiert, während sie erneut die Sprüche trotzig verteidigte (queer.de berichtete).

In den letzten Monaten zeigte sich AKK jedoch queerfreundlicher. So erklärte sie im Juli in einer Fragerunde der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", dass sie einem hypothetischem homosexuellen Kind wünsche, mit einem Partner glücklich zu werden (queer.de berichtete). Darüber hinaus setzte die Noch-Parteichefin im CDU-Vorstand eine Aufwertung der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) durch, die allerdings noch vom Parteitag bestätigt werden muss (queer.de berichtete). (mize/AFP/dpa)

#1 NordmanAnonym
  • 18.09.2020, 07:57h
  • Wo gibt's das Zeug was die raucht? Vorher beleidigend und fies und jetzt will sie sich" bis an die Grenze des juristisch Machbaren" für uns einsetzen? Was ist das überhaupt für eine Formulierung, entweder sie handelt nach Recht und Gesetz oder gar nicht, man hat die Kreide fressen müssen...
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#2 saltgay_nlProfil
  • 18.09.2020, 08:43hZutphen
  • Ach was, die raucht doch nichts. Das ist ganz einfach von ihrem PR-Berater vorgeschlagen wurden. Entschuldigung kostet nichts und die Opfer sind schon alt, so dass man auf Corona und das normale sozialverträgliche Frühableben als Armutsrentner hoffen kann. Dann entfallen auch kostspielige Entschädigungen von 500 Euro pro Nase.

    Das hat man doch an Zwangsarbeitern erfolgreich durchexerziert. Wenn nach 1945 die BRD kein Besatzungsland gewesen wäre, dann hätten die Überlebenden der Shoa auch in die Röhre geschaut und heute erst in einer Feierstunde im Schloss Bellevue wegen der überschaubaren Zahl der noch Lebendigen eine vor Sentimentalität triefende Entschuldigung des Bundespräsidenten erhalten bei Überreichung eines Schecks von 5000 Euro vor laufenden Kameras.

    Das ist doch typisch für alle regierenden Parteien dieser BRD nach 1945 - also CDU/CSU, FDP und SPD.

    Viel wichtiger ist es dies den Politikern immer wieder vorzuwerfen, denn ihr Verhalten hat sich ja nicht geändert.
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#3 Peck_SEhemaliges Profil
  • 18.09.2020, 09:18h
  • Das Erkennen von Unrecht, die Offenlegung strukturell praktizierter Diskriminierung und staatlicher Homophobie gegenüber der Bevölkerung und die ehrliche Entschuldigung an die Betroffenen finde ich richtig und überfällig, allerdings heilt keine Entschädigung egal welcher Art, erlittenes seelisches Leid und korrigiert ebensowenig vernichtete Karrieren und Lebensläufe.

    Dass das zu Zeiten des AKK geführten Ministeriums geschieht finde ich bemerkenswert und lässt mich hoffen, dass dieselbe Person auch ihre selbst praktizierte Diskriminierung gegenüber verheirateten Menschen gleichen Geschlechts und Menschen mit Geschlechtern jenseits von Mann und Frau zur öffentlichen Anzeige bringt, mit einer anschließenden, erkennbar ernst gemeinten Entschuldigung. So wie das für eine Bundesministerin, die dem Grundgesetz und der EU Menschenrechtscharta verpflichtet ist, selbstverständlich sein sollte.
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