Vier LGBTI-Aktivist*innen aus Polen stehen auf der am Freitag vom Europäischen Parlament veröffentlichten Nominierungsliste für den renommierten Sacharow-Preis: Jakub Gawron, Paulina Pajak, Paweł Preneta und Kamil Maczuga gründeten 2019 die Website "Atlas Nienawiści" (Atlas des Hasses), die die zahlreichen polnischen Gemeinden kartiert und überwacht, die Anti-LGBT-Resolutionen angenommen, abgelehnt oder noch nicht verabschiedet haben. Gleichzeitig werden Informationen an Aktivist*innen, Medien und Politiker*innen weitergegeben.
Heute haben sich mehr als 100 Gemeinden oder lokale Behörden in Polen entweder zu quasi "LGBT-freien Zonen" erklärt oder sogenannte "Chartas der Familienwerte" angenommen, die auf ähnliche Ziele hinauslaufen. Im Jahr 2020 wurden Jakub Gawron, Paulina Pajak und Paweł Preneta von fünf dieser Gemeinden verklagt, weil sie angeblich deren Ansehen beschädigten (queer.de berichtete). Die klagenden Kommunen fordern zudem eine öffentliche Entschuldigung und eine wirtschaftliche Entschädigung zugunsten "familienfreundlicher Organisationen".
Preisträger*innen werden am 22. Oktober bekannt gegeben
Der Sacharow-Preis wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Am 22. Oktober soll bekannt gegeben werden, wer die diesjährige Auszeichnung erhält. Die Preisverleihung soll im Dezember stattfinden. Die Macher*innen des "Atlas des Hasses" wurden von 43 Mitgliedern des Parlaments nominiert, darunter die beiden deutschen Grünen-Abgeordneten Rasmus Andresen und Terry Reintke.
Nominiert wurden außerdem die demokratische Opposition in Belarus (Weißrussland), inhaftierte Umweltaktivist*innen in Honduras sowie die ermordete Landrechtsaktivistin Berta Cáceres. Eine Nominierung erhielt auch der chaldäisch-katholische Erzbischof der nordirakischen Stadt Mossul, Nadschib Michail Musa, für die Rettung historischer Manuskripte und das Fortbringen von Menschen nach Einmarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" in der Stadt. (cw/dpa)