In einem umfassenden Strafverfahren rund um zwei Leihmutterschaftsagenturen will das Ermittlungskomitee der Russischen Föderation, eine direkt dem Präsidenten unterstellte Art Sonder-Staatsanwaltschaft, nun auch gegen einige Kunden vorgehen – LGBTI-Aktivisten sprechen von einer weiteren homophoben Aktion des Staates.
Kommerzielle Leihmutterschaft ist in Russland eigentlich erlaubt und ein großes Geschäft. Zu den ursprünglichen Ermittlungen gegen zwei Firmen war es gekommen, nachdem in einer Moskauer Wohnung ein totes Baby und drei weitere Babys aufgefunden worden waren und in einer zweiten Wohnung weitere fünf Babys. Mehrere Firmenvertreter*innen und eine Mutter, aber auch Ärzt*innen einer Klinik, wurden wegen Menschenhandels und fahrlässiger Tötung angeklagt, die Babys an Waisenhäuser gegeben. Einigen Medienberichten und dem Anwalt der beteiligten Agenturen zufolge soll das Baby einen natürlichen Tod gestorben sein (plötzlicher Kindstod), während sich Pflegerinnen regulär um die anderen gekümmert hätten.
Wie die Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch berichtete, solle nun auch gegen einige Kunden der Unternehmen wegen Menschenhandels vorgegangen werden. Als "alleinstehende russische Männer", die eine "nicht-traditionelle sexuelle Orientierung" hätten, habe es sich um illegale Kunden gehandelt. Das Verfahren zur künstlichen Befruchtung stehe gesetzlich nur Ehepaaren und einzelnen Frauen zu.
Eine Quelle aus Ermittlerkreisen sagte der Nachrichtenagentur, die Behörden wollten die Ermittlungen bis zum Jahresende abschließen und die Männer verhaften lassen. Die Kinder sollten ihnen entzogen werden. Das Ermittlungskomitee werte dazu Unterlagen der Firmen Rosjurconsulting und European Surrogate Technologies seit 2014 aus. Sie hatten die Leistungen im In- und Ausland an diverse Einzelpersonen und Paare vermittelt, vor Ort fanden sich offenbar viele chinesische Dokumente.
Aktivisten sehen erneut Homophobie als Grund von Ermittlungen
Anwalt Igor Trunov, der die Interessen der zuvor Verhafteten vertritt, sagte dem Portal takiedela.ru, dass die Ermittler die einzelnen Väter zum Verhör gerufen und gewarnt hätten, dass die Kinder während der Ermittlungen in ein Waisenhaus geschickt würden. Es handle sich um mindestens zehn Männer.
Max Olenichev von der queeren Rechtsberatungsorganisation Exit sagte, er halte das Handeln der Behörden gegenüber den Vätern für klar homophob motiviert und für illegal. Sexuelle Orientierung sei kein direktes Merkmal in den Bestimmungen zu künstlicher Befruchtung. Auch schwule und bisexuelle Männer könnten in einer Ehe leben, auch sie könnten gute Eltern sei. Zudem werde ein alleinstehender Vater durch ein Gericht durch einen Eintrag in die Geburtsurkunde, bei dem das Feld der Mutter freigelassen werde, rechtlich als Vater anerkannt. Kein Ermittler könne etwas anderes geltend machen. Ein Anwalt des russischen LGBT Network betonte, die angekündigte Wegnahme der Kinder bzw. der Vormundschaft sei illegal.
Der Verband verwies – offenbar mit Blick auf einen bekannten Eurovision-Sänger – auf Doppelmoral: Bei bekannten Popstars werde Leihmutterschaft geduldet. Aber wenn schwule Elternschaft offiziell bekannt werde, gehe man dagegen vor. Im letzten Sommer sorgten homophob motivierte Ermittlungen gegen ein schwules Paar, das mit Wissen der Behörden zwei aus einem Waisenhaus adoptierte Kinder aufzog, für landesweite Schlagzeilen und Moralpanik (queer.de berichtete). Schwule und Lesben können Kinder nicht als Paar gemeinsam adoptieren, aber auch in ihrer Partnerschaft als Einzelpersonen. "Die Staatsanwaltschaft sollte reale Fälle von Menschenhandel untersuchen und nicht nach schwulen Männern fahnden, die versuchen, eine Familie nach diskriminierender russischer Gesetzgebung zu gründen", so das LGBT Network.
"In Russland wollen sie die offensichtlichen Dinge nicht zugeben – die Existenz gleichgeschlechtlicher Familien", kommentierte der queere Aktivist Igor Koschetkow am Donnerstag. "Dabei wachsen bei solchen Paaren, männlich und weiblich, Kinder auf und werden nicht schlechter erzogen als bei heterosexuellen Paaren. Aber der Staat fördert Homophobie, auch im Ermittlungskomitee. Solche Absichten können das Leben einzelner Väter ruinieren. Es ist nicht weniger schade für die Kinder, die in diesem Fall Gefahr laufen, nicht in einer liebevollen Familie, sondern in einem Waisenhaus zu landen." (nb)
Die werden schon einen Weg finden, den "Anti-Homo-Propaganda-Paragraphen" zur Anwendung zu bringen. Ein glückliches Homo-Paar vor den Augen von Kindern.......Dann doch lieber ein Waisenhaus...Widerliche Doppelmoral oder eher: Unmoral.