Die offen lesbische Ex-Managerin Ana Brnabic ist seit 2017 Ministerpräsidentin von Serbien, zuvor war sie Ministerin für öffentliche Verwaltung (Bild: Slobodan Miljevic)
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic hat die bisherige Ministerpräsidentin Ana Brnabic mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt. Vucic gab dies am Montagabend im staatlichen Fernsehen RTS bekannt. Beide gehören der rechtsnationalen Serbischen Fortschrittspartei (SNS) an, die bei den Parlamentswahlen am 21. Juni 188 der 250 Sitze errang.
Brnabic wurde im Juni 2017 erstmals Regierungschefin (queer.de berichtete). Die Ex-Unternehmerin war erst ein Jahr zuvor in die Politik gewechselt und hatte das Ministerium für öffentliche Verwaltung übernommen. Die Berufung der offen lesbischen Managerin wurde damals vom LGBTI-Verband "Gay Straight Alliance" als "historischer Moment für Serbien und ein großer Schritt für den Aufbau einer Gesellschaft mit gleichen Rechten" bezeichnet (queer.de berichtete).
Politisch gilt Ana Brnabic als treue Erfüllungsgehilfin des Präsidenten und SNS-Chefs Vucic. Dieser trifft in Serbien alle wichtigen Entscheidungen selbst.
Homosexualität ist in Serbien noch immer ein Tabu
In dem Balkanland, in dem 80 Prozent der Bevölkerung orthodoxe Christ*innen sind, ist Homosexualität vielfach noch ein Tabu. Schwule und lesbische Paare können weder eine Ehe noch eine eingetragene Partnerschaft eingehen.
Brnabics Einsatz für LGBTI-Rechte hält sich bislang in Grenzen. Als sie 2017 als erste Ministerpräsidentin beim CSD in Belgrad teilnahm, setzte sie damit einerseits ein Zeichen und betonte Werte wie Vielfalt (queer.de berichtete). Andererseits lehnte sie es ab, sich zu einer gesetzlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare auch nur zu äußern. Sie könne nicht ihre "persönliche Meinung" kundtun, weil sie als Ministerpräsidentin die serbische Regierung vertrete.
Brnabic lebt in Regenbogenfamilie ohne Rechte
Im vergangenen Jahr brachte Brnabics Partnerin Milica Djurdjic ein Kind zur Welt (queer.de berichtete). Obwohl sie seitdem die erste Regierungschefin der Welt ist, die in einer Regenbogenfamilie lebt, hat sie nach der serbischen Gesetzgebung keine Möglichkeit, rechtlich als zweite Mutter anerkannt zu werden.
Das ex-jugoslawische Balkanland Serbien verhandelt seit 2014 über einen Beitritt zur Europäischen Union (EU). In den letzten Jahren kamen die Verhandlungen jedoch nicht voran – auch aufgrund mangelnder Fortschritte bei LGBTI-Rechten. Beim "Rainbow Europe"-Ranking, bei dem die Queerfreundlichkeit von Gesetzgebung und Gesellschaft zwischen den Nationalstaaten des Kontinents verglichen wird, nimmt Serbien Rang 26 von 49 ein – und liegt damit noch hinter den Nachbarn aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo.
Im Jahr 2022 soll der Europride in der Hauptstadt Belgrad und damit erstmals in Serbien stattfinden (queer.de berichtete). (cw/dpa)
In so manchem EU Land ist noch nicht einmal mehr DAS sicher.