Im saarländischen Karneval sind Lesben und Schwule nun offiziell etwas mehr willkommen: Am Freitag stimmte die Jahreshauptversammlung des Verbands Saarländischer Karnevalsvereine (VSK) in Bous für die Zulassung gleichgeschlechtlicher Paare bei der jährlichen Prinzenwahl. 45 Mitgliedsvereine sprachen sich dafür aus, drei dagegen und zwei enthielten sich.
Die Entscheidung folgt einer homofeindlichen Posse aus dem Januar. Vor neun Monaten hatte der VSK das lesbische Prinzessinnenpaar Heike II. und Ute I. von der Karnevalsgesellschaft Die Rebläuse aus Kleinblittersdorf mit Verweis auf "Tradition" und "Brauchtumspflege" von der Wahl zum Prinzenpaar des Jahres ausgeschlossen (queer.de berichtete). Erst nach heftigen Protesten der Rebläuse, einem Shitstorm in sozialen Medien und einem verheerenden Medienecho lenkte der Dachverband ein (queer.de berichtete). Die beiden lesbischen Prinzessinnen zogen jedoch aufgrund der vielen Schlagzeilen ihre Teilnahme am Wettbewerb zurück.
Die Satzung soll geändert werden – aber warum eigentlich?
Nach dem Beschluss der Jahreshauptversammlung soll nun die Satzung des VSK überarbeitet werden. Die Wettbewerbsbedingungen würden so geändert, dass "künftig auch andere gesellschaftlich anerkannte Zweiergemeinschaften" daran teilnehmen könnten, schwurbelte VSK-Präsident Hans-Werner Strauß gegenüber dem Saarländischen Rundfunk. Die Distanz und Abwertung, die bei dieser Formulierung mitschwingt, lässt einen selbstverständlichen Umgang mit lesbischen und schwulen Paaren kaum erwarten.
Warum die Satzungsänderung überhaupt nötig sein soll, bleibt zudem das Geheimnis des VSK-Präsidenten, schließlich sieht die bisherige Satzung (Stand: 25. August 2019; hier als PDF auf der Homepage) überhaupt kein Verbot von gleichgeschlechtlichen Paaren vor. Für den Ausschluss der lesbischen Prinzessinnen musste allein der in §1.4 als Aufgabe des Verbands festgehaltene Satz "Pflege des Karnevals, der Fastnacht und des fastnachtlichen Brauchtums auf traditions- und landschaftsgebundener Grundlage" herhalten. Um seine eigene Homofeindlichkeit zu kaschieren, schob Strauß also nur eine vermeintliche "Tradition" und gar nicht erforderliche Formalitäten vor.
Offen homofeindliche Töne in der Südwesthalle
Die Diskussion auf der VSK-Versammlung verlief nach übereinstimmenden Medienberichten "kontrovers". Laut "Saarbrücker Zeitung" (Paywallartikel) kam es in der Südwesthalle in Bous auch zu extrem homofeindlichen Wortmeldungen. "Für mich geht so etwas nicht. Ein Prinzenpaar sind ein Prinz und eine Prinzessin. Wie soll man das denn sonst den Enkeln erklären?", zitierte das Regionalblatt den aufgebrachten Organisationsleiter des Neunkircher Karnevalsausschusses Friedel Wagner. "Zu Hause kann jeder machen, was er will, aber auf der Bühne oder im Fernsehen geht so etwas nicht."
Ob es in der kommenden Session im Saarland überhaupt eine Prinzenwahl geben wird, steht unterdessen in den Sternen. Aufgrund der Corona-Krise haben viele Karnevalsvereine ihre Planungen eingestellt.