In Algerien sind laut der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zwei Männer wegen Homosexualität zu Gefängnisstrafen und 42 weitere Personen zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Das Urteil ist bereits am 3. September gefällt worden.
Die Hauptverurteilten erhielten demnach eine Freiheitsstrafe von drei Jahren – und damit die Höchststrafe für Homosexualität. Außerdem wurden sie zu einer Geldstrafe verurteilt. Die anderen Beteiligten erhielten eine einjährige Gefängnisstrafe auf Bewährung. Die meisten der Verurteilten sollen Studierende sein.
Den Verurteilten wird vorgeworfen, im Juli in einem Privathaus eine "schwule Hochzeit" gefeiert zu haben. Damals nahm die Polizei die 44 Personen – neun Frauen und 35 Männer – im Nordosten des Landes fest. Im Polizeibericht seien als Beweise für die gleichgeschlechtliche Hochzeit Dekorationen, Blumen sowie das angeblich schwule Aussehen der Männer aufgeführt worden. Die Verurteilungen erfolgten wegen "gleichgeschlechtlichen Beziehungen", "öffentlicher Unzüchtigkeit" und eines angeblichen Bruchs der Covid-19-Quarantäneregelungen.
"Eine ungeheuerliche Verletzung der Grundrechte"
HRC-Forscherin Rasha Younes sieht in der Massenverurteilung eine neue Qualität der Verfolgung: "Die Angriffe der algerischen Behörden auf persönliche Freiheiten ist nichts Neues, aber dutzende Studierende wegen ihrer vermuteten sexuellen Orientierung festzunehmen, ist eine ungeheuerliche Verletzung ihrer Grundrechte." Sie rief die Behörden auf, die beiden zu Haftstrafen verurteilten Männer sofort freizulassen.
Menschenrechtsorganisationen haben in der Vergangenheit immer wieder von Verfolgung oder sogar von Folter homosexueller Personen berichtet. Trotz dieser prekären Situation für Homosexuelle wollten Union, SPD, AfD und FDP Algerien – wie auch den benachbarten Verfolgerländern Marokko und Tunesien – das Prädikat "sicheres Herkunftsland" verleihen (queer.de berichtete). Damit könnten – auch queere – Flüchtlinge unbürokratisch und laut Bürgerrechtler*innen ohne ausreichende Prüfung aus Deutschland in diese Länder abgeschoben werden. Bislang scheiterte das Vorhaben am Widerstand von Grünen und Linken im Bundesrat (queer.de berichtete). (dk)