Kai Gehring ist seit inzwischen 15 Jahren Abgeordneter des Berliner Bundesparlaments (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Die Deutsche Bundesregierung "beobachtet die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien genau und thematisiert sie regelmäßig in Gesprächen mit der saudischen Regierung". Das geht aus der Antwort einer Anfrage des Essener Oppositionsabgeordneten Kai Gehring (Grüne) durch das Auswärtige Amt hervor, die queer.de vorliegt. Gehring hatte nach dem Gesundheitszustand des seit Anfang April inhaftierten Aktivisten Mohamed al-Bokari gefragt, der wegen LGBTI-freundlicher Äußerungen eine Haftstrafe im Königreich absitzt (queer.de berichtete).
Wörtlich heißt es in der Antwort: "Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse über den Gesundheitszustand sowie den Zugang zu Rechtsbeistand von Mohamed Al-Bokari vor." Danach werden Erkenntnisse der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zitiert – unter anderem, dass die saudischen Behörden medizinische Versorgung zugesichert hätten. "Anfang August soll er zudem in eine besser belüftete Gefängniszelle mit Klimaanlage gebracht worden sein." Die Bundesregierung werde den Fall "weiter aufmerksam verfolgen und begleiten".
Mohamed al-Bokari sitzt seit Frühjahr in einem saudischen Gefängnis, weil er es gewagt hatte, sich für die Rechte queerer Menschen zu engagieren
Ferner argumentiert die Regierung, dass es in Saudi-Arabien im Bereich der "sozialen Rechte" und "Frauenrechte" zuletzt "deutliche Verbesserungen" gegeben habe. Gleichzeitig beobachte Berlin "insbesondere die Entwicklung der Meinungsfreiheit mit großer Sorge".
Gehring: Bundesregierung soll Lage nicht "nur von der Seitenlinie" beobachten
Kai Gehring erklärte gegenüber queer.de, ihm reiche das Engagement der Regierung nicht aus: "Saudi-Arabien ist ein finsterer Ort für Menschenrechtsverteidiger*innen – und ganz besonders, wenn man für die Rechte von Frauen und LGBTIQ eintritt. Es ist bezeichnend, dass die Bundesregierung de facto keine eigenen Erkenntnisse über den Gesundheitszustand von Mohamed al-Bokari hat, trotz des Hilferufs von Menschenrechtsorganisationen." Wenn bereits Verlegung in eine "besser belüftete Gefängniszelle" als Fortschritt gelte, "will man sich gar nicht vorstellen wie die ursprüngliche Haftsituation war", so Gehring. Es reiche nicht aus, "ein solches Schicksal nur von der Seitenlinie zu beobachten". Daher erwarte er von Außenminister Heiko Maas (SPD), sich "aktiv für eine Verbesserung der Situation" einzusetzen – "von Mohamed al-Bokari und von queeren Menschen insgesamt".
Zukünftig müssten die Yogyakarta-Prinzipien "Kern einer menschenrechtsgeleiteten Außenpolitik" werden, forderte Gehring. Dabei handelt es sich um eine Art LGBTI-Menschenrechtserklärung, die 2006 von Menschenrechtsexpert*innen entwickelt worden sind. Auf dieser Grundlage beruht auch ein 2019 eingereichter Entschließungsantrag der grünen Fraktion zum weltweiten LGBTI-Menschenrechtsschutz (PDF). Gehring weiter: "LGBTIQ-Rechte sind kein Luxus, sondern oft eine Frage von Leben und Tod." (dk)