Hagen links am Dienstag als Titelbild des Sportteils der Zeitung "Verdens Gang", rechts am Sonntag mit Flamur Kastrati
Der norwegische Fußball-Schiedsrichter Tom Harald Hagen hat sich als schwul geoutet: "Für mich war es immer ein ganz natürlicher Teil des Lebens", sagte er am Montag der Zeitung "Glamdalen" aus Kongsvinger.
"Ich habe mit der Zeit Selbstsicherheit aufgebaut und mein Leben ist gut. Ich halte es für wichtig, diese Selbstsicherheit zu haben, einschließlich der Tatsache, dass ich schwul bin", so der 42-Jährige weiter. Er wolle ein Vorbild sein, zugleich solle sein Schritt in die Öffentlichkeit nicht als große Sache abgetan werden. "Ich habe mein ganzes Leben so gelebt, für mich ist es nichts, woran ich denke. Es ist mein Alltag, meine Beziehung, meine Familie – und meine Fußballfamilie. So kann ich mit erhobenem Kopf auftreten – außer wenn uns etwas auf dem Fußballplatz entgeht."
Hagen spielte damit auf das von ihm am Sonntag geleitete Erstligaspiel zwischen Valerenga IF und Kristiansund BK an, das wegen eines Homophobie-Eklats die Schlagzeilen beherrschte: Kristiansund-Stürmer Flamur Kastrati hatte während des Spiels den gegnerischen Trainer mit einem abwertenden Begriff für Schwule beschimpft (queer.de berichtete). Die Schiedsrichter hatten die Situation nicht mitbekommen.
"Die Zeit ist reif"
Hagen leitet seit 2006 Spiele in der norwegischen Profiliga und pfiff seit 2009 Qualifikationsspiele für die Europa- und Weltmeisterschaften sowie Champions-League-Partien. Er ist der erste Mann im norwegischen Spitzenfußball, der öffentlich über seine Homosexualität spricht. "Ich glaube, dass die Zeit reif dafür ist, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas anderes als Positives für mich bringt."
In sozialen Netzwerken erhielt Hagen viel Zuspruch von Fans und Medien, von einigen Spielern, Offiziellen und Politikern. "Ich applaudiere, das ist fantastisch", meinte Kultur- und Gleichstellungsminister Abid Raja. Der Schiedsrichter bahne "den Weg für mehr Toleranz und Akzeptanz für Verschiedenheit im Sport". Der norwegische Schiedsrichter-Chef Terje Hauge sagte, ihm sei die sexuelle Orientierung Hagens schon seit Jahren bekannt und er erwarte einen "positiven Welleneffekt" nicht nur im Referee-Bereich, sondern im ganzen Männerfußball.
Kristiansund hat derweil seinen Stürmer Kastrati von Training und Spielen ausgeschlossen, bis der norwegische Fußballverband eine Untersuchung des Vorfalls abgeschlossen hat. Der 28-Jährige hatte seine Beleidigung in einem TV-Interview nach dem Spiel zunächst noch verteidigt, dann später aber behauptet, er habe nicht von der homofeindlichen Bedeutung des genutzten Begriffes gewusst. (nb)