Im Innenausschuss des Bundestages wird am Montagmittag eine Anhörung für die von der demokratischen Opposition verfassten Entwürfe für Selbstbestimmungsgesetze durchgeführt (PDF). Behandelt werden sollen der FDP-Entwurf "eines Gesetzes zur Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung" (PDF), der grüne Entwurf "eines Gesetzes zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes" (PDF) und der linke Antrag "Fremdbestimmte Operationen an trans- und intergeschlechtlichen Menschen – Aufarbeiten, Entschuldigen und Entschädigen" (PDF).
Als Sachverständige sind die Rechtsanwältin Dr. Laura Adamietz, Prof. Dr. Florian Becker von der Uni Kiel, Kalle Hümpfner vom Bundesverband Trans*,Prof. Dr. Ulrike Lembke von der Berliner Humboldt-Universität und Prof. Dr. Anna Katharina Mangold von der Europa-Universität Flensburg vorgesehen. Außerdem hat sich der umstrittene Kinderpsychiater Dr. med. Alexander Korte vom Klinikum der Universität München angekündigt, der vor einem "Trans-Hype" warnt und wegen seiner Argumentation immer wieder von LGBTI-Aktivst*innen kritisiert wurde.
"Trans-Rechte gehen uns alle an. Deutschland braucht endlich ein Selbstbestimmungsgesetz, das die Schikane trans- und intergeschlechtlicher Menschen beendet", so begründete Jens Brandenburg, der LSBTI-Sprecher der FDP, das Engagement seiner Fraktion. "Die Zeit drängt. Da aus ihrem eigenen Haus noch immer kein Entwurf vorliegt, kann sich Frau Lambrecht gerne am Gesetzentwurf der Freien Demokraten bedienen." Brandenburg betonte, dass er der "unnötigen Schikane durch externe Gutachten und Gerichtsverfahren" ein Ende setzen wolle. "In einer ohnehin schon schwierigen Lebenssituation soll der Staat nicht gängeln, sondern unterstützen und Freiheitsrechte stärken."
"Seit 40 Jahren verursacht das Transsexuellengesetz unnötiges Leid"
Brandenburgs grüner Amtskollege Sven Lehmann ergänzte: "Seit 40 Jahren verursacht das Transsexuellengesetz unnötiges Leid und gehört deshalb endlich abgeschafft. Deutschland braucht stattdessen ein modernes Selbstbestimmungsgesetz, das allen Menschen ein freies und würdevolles Leben ermöglicht." Wenn der Staat darauf besteht, das Geschlecht zu erfassen, "sollte er die bei der Geburt vorgenommene Zuordnung, die sich als falsch erwiesen hat, unbürokratisch berichtigen, ohne Zwangsgutachten und Fremdbestimmung", so Lehmann. "Die Entscheidung über die eigene geschlechtliche Identität kann nur bei jedem Mensch selber liegen." Er betonte, dass seine Fraktion bereits den fünften Entwurf eines Selbstbestimmungsgesetzes eingebracht habe – und die Zeit zum Handeln gekommen sei.
Allerdings ist diese Linie in seiner eigenen Partei umstritten: Derzeit gibt es einen Antrag von transphoben Basis-Grünen, das Selbstbestimmungsgesetz zu begraben. Dieser soll auf dem Bundesparteitag im kommenden Monat beraten werden (queer.de berichtete). Lehmann hatte dazu betont, dass transfeindliche Anträge bei den Grünen keine Chancen hätten.
Letztes Jahr hatte bereits das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Transsexuellenrecht modernisieren sollte. Dieser wurde aber von LGBTI-Aktivst*innen und der demokratischen Opposition scharf kritisiert (queer.de berichtete). Am Ende legte die Regierung den Entwurf auf Eis (queer.de berichtete).
Berichterstatterin der AfD bei der Anhörung zum Selbstbestimmungsgesetz im Innenausschuss ist ausgerechnet Homo- und Trans-Hasserin Beatrix von Storch. Die 49-Jährige hatte unlängst die geforderte Reform des Transsexuellenrechts als "Gender-Gaga" diffamiert (queer.de berichtete). (dk)