Knapp vier Wochen nach dem Mord an Thomas L. fand am Sonntagnachmittag in Dresden eine Mahnwache für den ermordeten schwulen Touristen aus Nordrhein-Westfalen statt. Die vom CSD Dresden organisierte Schweigeminute wurde aufgrund der zahlreichen Anmeldungen auf den Altmarkt verlegt. Insgesamt beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 350 Menschen an der Kundgebung. Auf dem Platz hatte der Verein mit großem Abstand Kerzen aufgestellt, hinter denen sich die Teilnehmenden versammelten.
Gedenkkranz bei der Mahnwache (Bild: BMH)
Thomas L. und sein Lebenspartner hatten am 4. Oktober einen Bummel durch die Dresdner Altstadt unternommen. Nach einer zärtlichen Geste wurde das Paar von einem Mann mit Messer angegriffen. Der 55-jährige Thomas L. wurde dabei getötet, sein Lebenspartner Oliver schwer verletzt. Wegen der Tat sitzt der 20-jährige behördenbekannte Gefährder und IS-Anhänger Abdullah Al H.H. in Untersuchungshaft. Das mutmaßliche Motiv Homosexuellenfeindlichkeit wurde von den Ermittlungsbehörden wochenlang verschwiegen und erst nach Medienrecherchen bekannt (queer.de berichtete).
Ministerpräsident und Oberbürgermeister fehlten
Aus der Politik nahm nur die zweite Reihe an der Mahnwache statt: Der CSD-Verein hatte u.a. den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) eingeladen, stattdessen kamen Kretschmers Stellvertreter Martin Dulig (SPD) und der Erste Bürgermeister Detlef Sittel (CDU).
Dulig erinnerte in einer Rede daran, dass man in erster Linie zusammengekommen sei, "weil hier ein Mensch ermordet wurde". Viel zu schnell spreche man in der Öffentlichkeit über die Tat und den Täter. Das mache das Opfer ein zweites Mal zum Opfer. "Kein Mensch hat das Recht zu entscheiden, wer leben darf und wer nicht", so der Vize-Ministerpräsident auf dem Altmarkt.
Für den Förderkreis der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hielten der FDP-Bundestagabgeordnete Thomas Sattelberger und die Berliner Moscheegründerin Seyran Ates kurze Ansprachen. Ates forderte sowohl die Bundeskanzlerin und den Bundespräsidenten als auch muslimische Verbände dazu auf, ihre Anteilnahme zu zeigen:"Ich schäme mich für euch alle, die ihr heute nicht hier in Dresden seid." Sie sei enttäuscht, dass nach den IS-Morden nicht wie bei der Black-Lives-Matter-Bewegung Zehntausende in Deutschland auf die Straßen gehen.
Diskriminierungsschutz im Grundgesetz gefordert
Auch Victor Vince, der Vorsitzende des Dresdner Integrations- und Ausländerbeirats, beklagte das Schweigen nach den Terrorakten in Dresden und Frankreich. Wer einen Menschen wegen seiner Homosexualität angreife, greife alle an. Immerhin: Bereits am Samstag hatten etwa 25 muslimische Menschen unter dem Motto "Islam gegen Terrorismus" auf dem Dresdner Neumarkt demonstriert.
"Wir sind als Schwule eine Minderheit in diesem Land", sagte der queerpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Karl-Heinz Brunner in einer Rede – und fügte hinzu: "Wir wollen frei leben, und wir haben einen Anspruch frei zu leben. Und wütend zu sein!" Ein Diskriminierungsschutz müsse nun endlich im Grundgesetz festgeschrieben werden.
Zum Abschluss der Mahnwache erschallte das Lied "Über sieben Brücken", außerdem erstrahlte der Kulturpalast in den Farben der Regenbogenflagge. CSD-Chef Ronald Zenker bat die Teilnehmenden, nacheinander ihre Blumen und Kerzen am Tatort in der Schloßstraße abzulegen.
Der Kulturpalast in den Farben des Regenbogens (Bild: CSD Dresden)
AfD erstattet Anzeige, weil ihr Gedenkkranz beschädigt wurde
Dort kam es nach Polizeiangaben zu einem Vorfall. So soll eine unbekannte schlanke Person mit Mundschutz die Schleife des Gedenkkranzes der AfD abgeschnitten haben. Die Rechtsaußenpartei erstattete deshalb Anzeige.
Im Vorfeld der Mahnwache hatte der CSD-Verein rechte Gruppierungen vor einer Vereinnahmung gewarnt. "Wir werden nicht zulassen, dass diese Tat für rassistische und rechte Hetze missbraucht wird", heißt es in einem Offenen Brief, der auch von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld unterzeichnet wurde.
Der CSD Dresden gibt darin der AfD eine Mitschuld an dem Verbrechen: "Wer in seinen Reden gegen Menschen hetzt, wer sich auf öffentlichen Plätzen oder in den Parlamenten ans Mikrofon stellt und sich über sexuelle Orientierung und Geschlecht lustig macht, wer in Zwischenrufen fordert, dass Homosexuelle ins Gefängnis gehören, der legt die Grundlage für Hassverbrechen. Es ist nur ein kleiner Schritt vom Wort zur Tat." (cw)
Dass sich Islam-Gemeinden so wenig gegen Terrorismus bewegen, iist nicht so verwunderlich. Das liegt dem Religiotentum nicht, es ist ganz gleich welche Fantasie angebetet wird.