Schwule Profifußballer sollten sich aus innerer Überzeugung outen und nicht um die Erwartungen anderer zu erfüllen. Diesen Ratschlag gab der frühere Mittelfeldspieler und heutige VfB-Vorstandschef Thomas Hitzlsperger homosexuellen Kollegen in einem am Samstag veröffentlichten "stern"-Interview. Gleichzeitig versuchte er, Coming-out-Ängste abzubauen, und erhöhte den Druck.
"Viele Menschen, die über ein Coming-out nachdenken, denken womöglich zu sehr an die negativen Folgen", sagte Hitzlsperger. Er selbst habe fast ausschließlich positive Erfahrungen gemacht: "Mein Coming-out und die Zeit danach haben mein Leben bereichert – ich habe viele Menschen kennengelernt, die mir gesagt haben: tolle Entscheidung, tolles Statement", so der 38-Jährige. Man müsse aber auch bedenken, "wer man ist, wie stabil die Persönlichkeit ist, wie das Umfeld ist, was man im Leben überhaupt will".
Hitzlperger sieht "positive Entwicklung" bei Verbänden, Vereinen und Fans
Die Rahmenbedingungen hätten sich verbessert, meinte Hitzlsperger. Insgesamt nehme er eine "positive Entwicklung" bei den Verbänden, den Vereinen und auch den Fans im Umgang mit Homosexualität wahr. "Aber das Wichtigste ist die persönliche Haltung, das Selbstbewusstsein, das man mitbringt", so der heutige Fußballfunktionär. "Da sollte man nicht zu sehr auf Verbände und Vereine schauen, sondern auf sein Netzwerk: Bin ich bei meiner Familie und meinen Freunden gut geschützt?"
Ob er im direkten Kontakt mit schwulen Profispielern stehe, wollte Thomas Hitzlsperger im Interview nicht sagen. "Aber wenn jemand meine Unterstützung will und braucht, versuche ich zu helfen."
Auch eine Prognose, wann es den ersten schwulen Profi in der Bundesliga geben wird, wollte Hitzlsperger im "stern" nicht abgeben. "Das weiß ich nicht, aber man darf den Erfolg nicht nur davon abhängig machen", so der frühere Mittelfeldspieler. Dennoch stellte er klar: "Es wäre ein starkes Signal, es würde extreme Aufmerksamkeit erzeugen und vielen Menschen eine Hilfestellung geben. Daher wäre es für die Entwicklung ein großer Schritt."
Nach eigenem Coming-out Karriere als Fußballfunktionär
Thomas Hitzlsperger lief zwischen 2004 und 2010 insgesamt 52 Mal für die deutsche Nationalmannschaft auf. Seine größten Erfolge waren der dritte Platz bei der WM 2006 und die Vizeeuropameisterschaft 2008. Mit dem VfB Stuttgart wurde er 2007 Deutscher Meister.
Anfang 2014 outete er sch nach dem Ende seiner sportlichen Karriere als schwul (queer.de berichtete). Seither hat der gebürtige Münchner eine Karriere als Fußballfunktionär gestartet. Seit über einem Jahr ist er VfB-Vorstandsvorsitzender (queer.de berichtete).
Für seinen Einsatz als Botschafter für Vielfalt beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), im Verein "Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland", im Projekt "Fußball für Vielfalt – Fußball gegen Homophobie und Sexismus" sowie für Township-Kinder in Südafrika wurde er am 1. Oktober von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet (queer.de berichtete). (cw)
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