Nach den deutschen Blutspenderegeln werden Menschen weiterhin nach ihrer sexuellen Orientierung und nicht nach ihrem sexuellen Risikoverhalten ausgeschlossen (Bild: AhmadArdity / pixabay)
Das De-facto-Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer wird auch 2021 noch Bestand haben. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten und LGBTI-Fraktionssprechers Jens Brandenburg hervor.
Demnach habe die Arbeitsgruppe "Blutspende von Personen mit sexuellem Risikoverhalten" am 3. November eine "Neubewertung der Auswahlkritierien für Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben, […] noch nicht abschließend erzielt", schrieb das vom offen schwulen CDU-Politiker Jens Spahn angeführte Ministerium. Man werde sich erst am 27. Januar 2021 erneut treffen. In der Arbeitsgruppe waren neben dem Ministerium auch das Paul-Ehrlich-Institut, das Robert-Koch-Institut und die Bundesärztekammer vertreten.
"Deutschland hinkt weltweit hinterher"
"Das unsinnige Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer hält sich hartnäckig. Es stigmatisiert schwule Männer und verschärft die ohnehin schon akute Knappheit an Blutkonserven", so kommentierte Brandenburg die ausbleibenden Ergebnisse. "Die zuständige Arbeitsgruppe hat jetzt immerhin den Sachstand erörtert, die eigentliche Entscheidung aber wieder einmal vertagt. Dabei ist der Sachstand längst klar: Mit zwölf Monaten gleichgeschlechtlicher Enthaltsamkeit hinkt Deutschland weltweit hinterher. Viele Länder haben das diskriminierende Blutspendeverbot längst gelockert."
Entgegen "gebetsmühlenartig wiederholter Befürchtungen" habe sich das Infektionsrisiko dort nicht erhöht. "Für die Sicherheit der Blutspenden ist schließlich nicht die sexuelle Identität der Spender entscheidend, sondern das tatsächliche Risikoverhalten", so Brandenburg. "Es ist höchste Zeit, das ewig gestrige Blutspendeverbot endlich abzuschaffen."
Derzeit dürfen in Deutschland homo- und bisexuelle Männer nicht Blut spenden, wenn sie in den letzten zwölf Monaten Sex mit einem Mann gehabt haben – das umfasst auch Sex mit Kondomen und/oder dem eigenen Ehemann. Heterosexuelle haben dagegen grundsätzlich keine Sex-Karenzzeit.
Andere Länder sind in dieser Frage bereits weiter als Deutschland: Italien und Spanien betrachten etwa beim Zugang zu Blutspenden nur das sexuelle Risikoverhalten und nicht die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität der Spender*innen. Weitere Länder haben als Kompromiss das Sexverbot für Schwule verkürzt – in Frankreich etwa auf vier Monate (queer.de berichtete). Auch das deutsche Gesundheitsministerium hat eine Verkürzung des Keuschheitsgebots auf vier Monate in Aussicht gestellt (queer.de berichtete). (dk)