Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat am Dienstag mit einem erneuten homophoben Ausbruch für Empörung gesorgt. Der 65-Jährige rief bei einer Pressekonferenz im Präsidentenpalast von Brasília angesichts der Corona-Krise seine Landsleute auf, nicht wie vermeintlich verweichlichte "Schwuchteln" (Portugiesisch: maricas) zu reagieren.
Wörtlich sagte der 65-jährige Rechtsextremist: "Ich bedaure die Tode wirklich", so Bolsonaro. "Aber wir sterben alle irgendwann mal. Man kann der Wirklichkeit nicht entfliehen. Wir müssen aufhören, ein Land von Schwuchteln zu sein."
Der Hintergrund der Äußerung: In Brasilien sind seit Ausbruch der Covid-19-Krise 163.000 Menschen mit einer Corona-Infektion gestorben – nur in den USA ist die Zahl der Toten höher. Bolsonaro machte sich ähnlich wie der scheidende US-Präsident Donald Trump zu Beginn der Krise über die Pandemie lustig und lehnte Maßnahmen ab. Dabei hatte er auch auf homophobe Ausdrücke gesetzt. So soll er vor Journalisten*innen das Tragen von Mund- und Naseschutzmasken als "Sache für Schwuchteln" bezeichnet haben (queer.de berichtete). Wie Trump infizierte sich auch Bolsonaro mit dem Corona-Virus, ist aber inzwischen wieder genesen.
Bolsonaro wegen Volksverhetzung verurteilt
Die Wahl von Jair Bolsonaro im Oktober 2018 hatte für Schockwellen in der brasilianischen LGBTI-Community gesorgt (queer.de berichtete). Der Politiker hatte zuvor nie einen Hehl aus seinem Hass auf Homosexuelle gemacht: Der ehemalige Fallschirmjäger war 2017 sogar von einem Gericht wegen Volksverhetzung verurteilt worden – Anlass war ein Interview aus dem Jahr 2011, in dem er unter anderem erklärt hatte, dass seine Kinder nie einen schwulen Sohn zur Welt bringen würden, weil sie eine "gute Erziehung" genossen hätten. In dem Interview fügte er hinzu, dass er einen schwulen Sohn nicht lieben könne: "Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben."
Immer wieder versuchte Bolsonaro, die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten zu beschneiden. Nach seinem Amtsantritt erklärte er, dass Brasilien kein "Urlaubsparadies für Schwule" werden dürfe (queer.de berichtete). Eine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichts im Juni 2019, dass Homo- und Transphobie ebenso zu bestrafen sei wie Rassismus, griff Bolsonaro als "komplettes Unrecht" an (queer.de berichtete). Kurz darauf ließ er die Förderung von Filmen mit queeren Inhalten verbieten, wurde jedoch von einem Gericht gestoppt (queer.de berichtete). Erst vor einem halben Jahr warf er der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, kleine Kinder zu Homosexualität und zur Masturbation zu ermutigen (queer.de berichtete). (dk)