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Nach Attentat in Dresden
Würdige Trauerfeier für Thomas L. in Krefeld
Über 100 Menschen gedachten am Freitagabend an der Alten Kirche des Opfers der mutmaßlich queerfeindlich-islamistischen Attacke in Dresden. Die Motivation der Tat müsse aufgedeckt werden, forderten OB Frank Meyer (SPD) und Ulle Schauws (Grüne).

Die Teilnehmenden stellten am Ende der Veranstaltung Kerzen am Portal der Alten Kirche auf (Bild: Jette Christ)
- Von Jette Christ
14. November 2020, 02:38h 2 Min.
"Unser Schweigen wird uns nicht schützen." Mit diesen Worten ermutigte Emma Sillekens, Co-Vorsitzende des Krefelder CSD-Vereins, am Freitagabend die Anwesenden, ihre Stimmen zu erheben.
Über 100 Menschen versammelten sich an diesem Abend an der Alten Kirche, um dem aus Krefeld stammenden Dresdner Attentatsopfer Thomas L. mit einer Schweigeminute und Kerzen zu gedenken. Eingeladen hatten die Stadt und der CSD gemeinsam. Gekommen waren neben Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) u.a. auch die Bundestagsabgeordnete Ulle Schauws (Grüne) sowie die Landtagsabgeordneten Marc Blondin und Britta Öllers (beide CDU).
OB fordert Einsatz für freie Gesellschaft
"Wir kommen hier zusammen für die Gemeinschaft, um zu zeigen, dass in Krefeld und auch in jeder anderen Stadt jeder so leben kann wie er mag", sagte der OB in seiner Trauerrede. Auch Ulla Schauws nahm Anteil und appellierte an Behörden und Politik, bei queeren Opfern nicht mehr wegzuschauen.

Ulle Schauws (Grüne) bei ihrer Rede (Bild: Jette Christ)
In erster Linie diene diese Veranstaltung dem Gedenken an Thomas L. und nicht der Suche nach dem Motiv des Täters, so die Redner*innen. Doch Schauws und Meyer waren sich einig: Die Motivation müsse aufgedeckt werden. Es sei noch nie wichtiger gewesen, genauer hinzuschauen, zu benennen was vorgefallen ist.
"Dieser Vorfall führt uns vor Augen, dass eine freie Gesellschaft nicht von selbst zustande kommt", sagte der Oberbürgermeister. Ganz herzlich begrüßte er muslimische Menschen, die sich der Trauerfeier angeschlossen hatten. Gewalt sei "kein Merkmal einer Religion", so Meyer.

Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) sprah in seiner Rede vorsichtig von einer "eventuell homophob motivierten Tat" (Bild: Jette Christ)
"Trauer aushalten, aber uns nicht heraushalten"
Angelehnt an die US-Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde forderte CSD-Co-Chefin Emma Sillekens dazu auf, in diesen schweren Zeiten nicht zu verstummen: "Wir müssen diese Trauer aushalten, aber uns nicht heraushalten, denn wir zählen und dürfen nicht übersehen werden."
Was bleibt ist die Trauer, doch Hass und Wut hatten bei dieser würdigenden Gedenkfeier keinen Platz. Bewegt und mit Zuversicht gingen die Teilnehmenden an diesem Abend nach Hause.
"Dass eine so schöne Atmosphäre trotz so viel Trauer zustande kommt, beweist, dass wir die Sache ernst nehmen und zusammenhalten", meinte die Krefelderin Petra (53) gegenüber queer.de. Das Attentat hätte "womöglich jedes schwule Pärchen treffen können", sagte Emmanuel (22). "Man fühlt den Schmerz mit, aber das macht uns nicht kleiner, eher wachsen wir daran, um noch mehr für uns alle einzustehen."

Trauerkerzen für Thomas L. auf den Treppenstufen zur Alten Kirche (Bild: Jette Christ)

aufgerüttelt hat.