Das EU-Mitgliedsland Ungarn hält trotz aller Kritik an seinem massiven Angriff auf LGBTI-Rechte fest. "Ungarn erkennt die eingetragene Partnerschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren an, und die Verfassungsänderung ändert daran nichts", sagte Justizministerin Judit Varga im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" (Paywallartikel). Die Initiative stelle "jedoch klar, dass die Elternschaft durch bestimmte biologische Tatsachen bestimmt wird", ergänzte die 40-jährige Fidesz-Politikerin. Die Journalisten Philipp Fritz und Philip Volkmann-Schluck hatten Varga zuvor gefragt, warum eine Minderheit der ungarischen Bürger*innen von der Gleichberechtigung ausgeschlossen werden soll.
Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán will in die Verfassung Ungarns schreiben lassen, dass "die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann" (queer.de berichtete). Der Satz soll einen seit 2012 im Rahmen der neuen Verfassung geltenden Artikel ergänzen, der bereits die Ehe als Verbindung aus Mann und Frau definiert. Ferner heißt es nun, Grundlage einer Familie sei die Ehe und die Eltern-Kind-Beziehung, worauf der neue Satz zu Mutter und Vater folgt.
Während das noch Interpretationsraum lässt, legte die Justizministerin laut der ungarischen LGBTI-Organisation Háttér-Gesellschaft zugleich eine einfachgesetzliche Reform vor, die die Adoption von Kindern nur noch verheirateten Paaren ermöglichen würde. Bisher war sie auch Einzelpersonen und unverheirateten Paaren möglich, in der Praxis allerdings zunehmend eingeschränkt.
Varga leugnet Existenz von trans Eltern
Angetrieben wird Varga von Transfeindlichkeit: "Alle Menschen werden von einer Mutter geboren, die eine Frau ist, und haben einen Vater, der ein Mann ist", sagte die Ministerin gegenüber der "Welt" – obwohl es auch trans Elternteile gibt. "Wir leben in einer seltsamen Welt, wenn man dafür kritisiert werden kann, das Offensichtliche festzustellen."
In der neuen Verfassung soll es künftig außerdem heißen, dass Ungarn das "Recht der Kinder auf Selbstidentifikation entsprechend ihrem Geburtsgeschlecht" schütze. Bereits im Frühjahr war in Ungarn ein Gesetz in Kraft getreten, das die rechtliche Anerkennung von trans Personen in ihrem Geschlecht ausschließt (queer.de berichtete). Stattdessen erfasst der Personenstandseintrag beim Standesamt, auf dem alle offiziellen Dokumente wie Personalausweise oder Führerscheine basieren, nicht mehr das "Geschlecht", sondern das "Geschlecht zur Geburt" – definiert als "das biologische Geschlecht", wie es "durch primäre geschlechtliche Merkmale und Chromosomen bestimmt" werde. Der Eintrag ist damit – ebenso wie der Vorname – nicht mehr änderbar.
In der Begründung der Verfassungsänderungen heißt es, "'moderne Ideen', die alle traditionellen Werte, einschließlich der Schaffung der beiden Geschlechter (einer Frau und eines Mannes) relativieren", würden Anlass zur Sorge geben. Gegen "die ständige Bedrohung der Naturgesetze" und von Konzepten über Gemeinschaften aus der "Schöpfungsordnung" müsse der Gesetzgeber mit Garantien "zum Schutz von Kindern und der Rechte künftiger Generationen" reagieren. Die "Schaffung der Mutter als Frau, des Vaters als Mann" und die Anerkennung des Geburtsgeschlechts dienten zur Bildung einer "Grundlage für das Überleben Ungarns als starke Gemeinschaft".
AfD und "Demo für alle" loben Ungarn
Die queerfeindliche Initiative "Demo für alle" und die AfD begrüßten die ungarischen Pläne. Ungarn sei "noch normal", schrieb etwa die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch auf Twitter. "Ja. Eine Mutter ist immer eine Frau & ein Vater immer ein Mann. Punkt. Alles andere ist Dekadenz und Kulturverfall."

Die "Demo für alle" lobte Ungarn für seine "konstruktive Familienpolitik". (cw/dpa)