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Prozess gestartet

Latzel fühlt sich ungerecht behandelt

Olaf Latzel inszeniert sich als Opfer der Staatsanwaltschaft: Als der Pastor CSD-Besucher*innen als "Verbrecher" und Homosexualität als "todeswürdig" bezeichnete, habe er keine Menschen beleidigt. So argumentiert zumindest sein Verteidiger.


Pastor Olaf Latzel macht aus seiner christlich begründeten Abneigung gegenüber bestimmten Gruppen – etwa Homosexuellen oder Frauen – kein Geheimnis

Der Volks­verhetzungsprozess gegen den evangelischen Pastor Olaf Latzel ist am Freitag in Bremen gestartet. Am ersten Tag wurde die Anklage verlesen und eine Audio-Datei mit den von der Staatsanwaltschaft als volks­verhetzend bezeichneten Aussagen gespielt. Zeuginnen oder Zeugen waren nicht geladen.

Die Verhandlung, die viel Medienaufmerksamkeit auf sich zieht, findet wegen der Corona-Krise im Innenstadt-Konzerthaus "Die Glocke" statt. Das Amtsgericht hat zwei weitere Verhandlungstage am 25. und 30. November angesetzt.

Anlass für den Prozess gegen den umstrittenen Pastor ist ein "Eheseminar", in dem Latzel Homosexualität als "Degenerationsform von Gesellschaft" und als "todeswürdig" bezeichnete und CSD-Besucher*­innen vorwarf, "Verbrecher" zu sein (queer.de berichtete). Die Hetz-Rede war auch monatelang auf Youtube online.


Auf Youtube konnte sich jeder die Rede anhören – inzwischen wurde die Hassrede aus dem Internet genommen

Verteidigung: Verfahren ist "unfair"

Latzel, der mit einer Bibel in der Hand in den Gerichtssaal kam, hält weiterhin an seinen Äußerungen fest. Sein Pflichtverteidiger erklärte laut der "Katholischen Nachrichtenagentur", das Verfahren sei "unfair". Die Staatsanwaltschaft habe Öffentlichkeit gezielt falsch informiert und so Stimmung gegen den Pastor gemacht. Zudem habe Latzel keine Menschen beleidigt, sondern nur gesellschaftliche Strömungen kritisiert.

Die Bremische Evangelische Kirche und Latzel wollen sich während des Verfahrens nicht gegenüber der Presse äußern. Das ZDF zitierte eine Kirchensprecherin, dass Latzel sich verpflichtet habe, seine Amtsgeschäfte vom 9. November bis zum 6. Dezember ruhen zu lassen – allerdings ist am 13. November auf Youtube eine Rede Latzels an die Junge Gemeinde live aus seiner Sankt-Martini-Kirche übertragen worden.

Latzel ist Chef einer von 61 Kirchengemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche. Er war bereits wiederholt mit Ausbrüchen gegen Homosexuelle oder Angehörige anderer Religionen aufgefallen. So hatte er etwa ein Homo-"Heiler"-Seminar angeboten oder Christinnen und Christen offen aufgefordert, kein Verständnis und keine Toleranz für andere Religionsgemeinschaften zu zeigen. Außerdem polemisierte er gegen evangelische Pfarrerinnen, denen er grundsätzlich die Fähigkeit zur Ordination abspricht – er verweigerte sogar einer Pastorin ausschließlich wegen ihres Geschlechts, in seiner Kirche eine Trauerfeier zu leiten. Die "Frankfurter Rundschau" bezeichnete ihn wegen seiner vielen erzkonservativen Ansichten als "Hetzprediger von der Weser".

Sollte es zu einer Verurteilung von Latzel wegen Volksverhetzung kommen, drohen dem Pastor je nach Paragraf bis zu fünf Jahre Haft. (cw)


 Update  17.15h: Staatsanwaltschaft fordert knapp über 10.000 Euro Strafe

Nach einem Bericht der Agentur AFP vom Nachmittag fordert die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer eine Verurteilung wegen Volksverhetzung und ein Strafmaß von 120 Tagessätzen zu jeweils 90 Euro – ab 90 Tagessätzen gilt man mit Eintrag im Führungszeugnis landläufig als vorbestraft. Ein Urteil wird beim nächsten Gerichtstermin am Mittwoch erwartet, die Verteidigung fordere Freispruch.

Heute ist der Prozess gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel gestartet, der sich mit dem Vorwurf der Volksverhetzung...

Posted by Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben e.V. on Friday, November 20, 2020
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Der Angeklagte äußerte sich zu Beginn des Prozesses zu den Vorwürfen. Laut einer Gerichtssprecherin habe er von seinem Glauben gesprochen und darüber, "warum er Dinge formuliert, wie er sie formuliert". Bei der Äußerung über "Verbrecher vom Christopher Street Day" habe er sich auf einen Vorfall bezogen, bei dem seine Kirche mit Farbbeuteln beworfen worden sei. Den Teilnehmern des Eheseminars sei dieser Kontext bewusst gewesen.

#1 KaiJAnonym
  • 20.11.2020, 16:44h
  • Die Verteidigung sollte wissen, dass es nicht "nur" um Beleidigung, sondern schwerwiegendst um Volksverhetzung geht. Eines der vielst hinreichenden Fakten dafür macht es aus, dass Latzel u.a. via Medien eine breite Öffentlichkeit verhetzte. Und er scheint ja weiterhin das bekräftigen zu wollen. Die Kirche versucht sich ja wohl auch deshalb einer jetzt schon haftenden weiteren Mittäterschaft zu entziehen. Die Verteidigung sollte sich darauf einstellen, dass es hier um 5 Jahre Haft wegen offentsichtlicher weit verbreiteter, übelster Volksverhetzung geht und nicht "nur" um Beleidigung und eine heranzitierte Unfairness.
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#2 nix wie raus daAnonym
  • 20.11.2020, 17:23h
  • klar hat dieser christ seiner meinung nach keine menschen beleidigt, weil LGBT*IQ für ihn keine menschen sind.

    aber kein*e erwachsene*r muss mitglied in diesem verein sein:
    www.kirchenaustritt.de
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#3 ChrisstianAnonym
  • 20.11.2020, 17:42h
  • Antwort auf #1 von KaiJ
  • Angeklagt ist er wegen Nr. 2 des § 130 (1) und dort geht es um Beschimpfung, böswillige Verachtung oder Verleumdung von Menschen. Insofern ist die Frage, ob er Menschen "beleidigt" hat, wenn man die o.g. drei Punkte umgangssprachlich mal so zusammenfassen will, schon relevant.
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#4 AtreusEhemaliges Profil
  • 20.11.2020, 18:12h
  • Ich finde es bemerkenswert, dass niemand über die eigtl. Quelle spricht! Latzel hat aus der Bibel zitiert (Todeswürdigkeit), weshalb es Bedford-Strohm auch bisher so schwer fällt, klare Kante zu zeigen. Letzterer meinte nur: man könne die Bibel nicht in allem wörtlich nehmen, was übrigens ein Eingeständnis ist, dass die Todeswürdigkeit geschrieben steht.

    Stellt das Gericht also fest, dass Latzel damit volksverhetzend ist, stellt es ebenso fest, dass die Bibel volksverhetzend ist.
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#5 JadugharProfil
  • 20.11.2020, 18:45hHamburg
  • Antwort auf #4 von Atreus
  • Die Bibel und besonders das AT ist volkverhetztend. Kein Wunder, daß die Bibel nicht als Gesetzbuch taugt, auch wenn es dort von Gesetzesvorschriften aus einer Barbarenzeit nur so wimmelt. Herr Latzel kann nicht die Rechtslage durch die Bibelgesetze ersetzen. Diese altertümlichen widersprüchliche Gesetze sind in den vergangenen Jahrtausenden schon längst überarbeitet und vieles davon als ungerecht und nichtig empfunden.
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#6 EinordnungAnonym
  • 20.11.2020, 19:06h
  • Antwort auf #4 von Atreus
  • Ein sehr berechtigter Hinweis. Die Bibel sollte mindestens entsprechend der Jugendschutz-Richtlinien als potentiell jugendgefährdend eingestuft werden. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass dieses Werk anders behandelt werden sollte als andere gewaltverherrlichende Werke literarischer Fiktion.
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#7 KaiJAnonym
  • 20.11.2020, 19:20h
  • Antwort auf #3 von Chrisstian
  • Mich wundert's denn schon, dass die Anklage nicht auch über Nr.1.1. läuft, mit der ich eine Aufstachelung zum Hass als bestätigt sehe. Zu Deiner Kritik meine ich, dass in einer Verhandlung wohl schon die Wortspezifik verwendet wird, um die es in den in Frage kommenden Gesetzen geht. Die Begriffe mögen der Beleidigung verwandt sein, um sie spezifisch geht es jedoch in einem anderen Gesetz. Nach dem Update bin ich gespannt, wie die Staatsanwaltschaft ihr Strafmass und das Gericht jedoch vielleicht ein höheres begründet.
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#8 AtreusEhemaliges Profil
  • 20.11.2020, 19:32h
  • Antwort auf #5 von Jadughar
  • Hier wird doch offenbar, dass die Kirche außerhalb des Gesetzes steht.

    Man stelle sich vor, ich bringe ein Manifest auf den Buchmarkt, indem ich Frauen jegliche Rechte abspreche, die Steinigung für Homosexuelle und Ehebrecher fordere und mich für die Wiedereinführung des Ehrenmords, der Sklaverei und dem Menschenhandel stark mache: ich wäre in Windeseile emtweder hinter schwedischen Gardinen, in der Zwangsjacke oder finanziell und sozial auf alle Zeit ruiniert.

    Auch stelle man sich vor, man betriebe in Kenntnis aller Staatsanwaltschaften Deutschlands einen Kinderschänderzirkel und entscheidet selbst, ob man vor Gericht geht oder doch lieber zur Strafe drei Vater Unser betet.
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#9 KaiJAnonym
  • 20.11.2020, 19:39h
  • Antwort auf #4 von Atreus
  • Deine Logik hier haut nun wirklich nicht hin. Der Sprachgebrauch in der Bibel bzw. der übersetzte und seine Symbolik stammt aus der jeweiligen Zeit. Der Wortsinn der Bibel ist längst nicht immer wörtlich gleich zu setzen mit dem in Gesetzen oder wie es sich selbst so Sehende Bibeltreue meinen.
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#10 Alexander_FAnonym
  • 20.11.2020, 20:05h
  • Wieder einmal ein Beispiel dafür, dass Religion nicht nur keine Voraussetzung für Moral ist, sondern eigentlich ihr Gegenteil darstellt. Wer allen Ernstes so etwas von sich gibt, beweist damit eine moralische Farbenblindheit, die jeder Beschreibung spottet.

    Sehr enthüllend auch die Aussagen von Bedford-Strohm zum Thema: die Bibel dürfe man nicht wörtlich verstehen. Außer natürlich da, wo sie wörtlich zu verstehen ist. Und wann was gilt, wird nach Gutdünken entschieden. Aber unsere moderne Zeit ist ja so beliebig und braucht die Kirche festen Fels in der Brandung und so...
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