Der neue Star der niederländischen Rechten, Thierry Baudet, verzichtet nach Antisemitismus- und Homophobievorwürfen gegen die Jugendorganisation seiner Partei auf eine Spitzenkandidatur bei der Parlamentswahl. Das kündigte der 37-jährige Chef der rechtsgerichteten Partei "Forum für Demokratie" (FvD) am Montagabend auf Twitter an.
Die Jugendorganisation galt politisch als Bindeglied der Partei zu Rechtsaußen. Vertreter*innen sorgten online immer wieder mit Sympathien für den Nationalsozialismus sowie Hass auf Jüd*innen und Homosexuelle für Aufregung. So propagierte die Gruppe, Schwulen und Lesben Rechte zu verweigern, da sie sonst mächtiger werden würden als Heterosexuelle. Jüd*innen wurden außerdem beschuldigt, ein "internationales Pädophilennetzwerk" zu betreiben.
Derartige Ausbrüche in Social-Media-Kanälen der Jugendorganisation bezeichnete Baudet jetzt als schrecklich. "Das sind Dinge, mit denen ich nichts zu tun haben will." Zugleich betrieb Baudet die für Rechtspopulisten übliche Medienschelte: Er sagte, dass der Presse nicht zu vertrauen sei. Die Wahlen im März will er weiter unterstützen und für einen niedrigeren Listenplatz kandidieren.
Baudet will christlichen Schulen Diskriminierung erlauben
Auch Baudet selbst gilt als LGBTI-feindlich. So sprach er sich etwa dafür aus, dass staatlich finanzierte christliche Schulen die Erlaubnis erhalten sollten, Lehrer*innen wegen ihrer Homosexualität zu feuern. Außerdem trat er immer wieder bei homophoben Organisationen auf, etwa der radikalchristlichen Stiftung Civitas Christiana.
Die von Baudet angeführte Partei richtet sich gegen Einwanderung und Europa und lehnt auch eine aktive Klimaschutzpolitik ab. Die junge Partei war erstmals 2017 mit zwei Abgeordneten in die Zweite Kammer des Parlaments eingezogen. In der Ersten Kammer, die mit dem deutschen Bundesrat vergleichbar ist, stellt die Partei seit dem vergangenen Jahr 13 der 75 Abgeordneten.
Bei der Europawahl im vergangenen Jahr erreichte die FvD mit elf Prozent der Stimmen einen Achtungserfolg – die Partei landete damit hinter Sozialdemokraten, Rechtsliberalen und Christdemokraten auf dem vierten Platz. Die Nähe zum Nazismus schadete der Partei aber in den letzten Monaten offenbar. Laut einer neuen Umfrage würde sie bei einer Parlamentswahl heute nur noch vier Prozent erreichen – und läge damit auf dem neunten Platz.
In den Niederlanden verzeichnen charismatische Rechtspopulisten bereits seit Jahrzehnten Erfolge an der Wahlurne: In den letzten knapp 15 Jahren sorgte insbesondere Geert Wilders mit seiner "Partei für die Freiheit" (PVV) für Aufsehen. Er gilt als ausgesprochen islamophob und europafeindlich, hat aber weniger Probleme mit Homosexuellenrechten. Sein Stil gilt als mehr holzhammerartig als der des eher intellektuellen Thierry Baudet. Vor Wilders sorgte sogar ein offen schwuler Rechtspopulist, der Soziologe Pim Fortuyn, mit seinen Tiraden gegen die multikulturelle Gesellschaft und gegen Muslim*innen für Aufregung in der niederländischen Politik. Fortuyn wurde 2002 von einem Tierschützer in Hilversum erschossen. (dpa/dk)
Update 14.55 Uhr: Baudet tritt als Parteichef zurück
Thierry Baudet ist auch als FvD-Parteichef zurückgetreten. Das teilte seine Partei am Dienstag in Amsterdam mit. Er wolle jedoch weiterhin seine Partei unterstützen. Vizeparteichef Lennart van der Linden soll geschäftsführender Vorsitzender werden, bis man sich auf einen neuen Anführer verständigt habe.
Das ist nicht nur widerlich.
Es ist auch aufschlussreich.
Wie bei allen tief verwurzelten Ressentiments geht es um Machtverteilung. Und gerade beim Antisemitismus auch um Neid gegenüber gigantischen Kulturleistungen. Die abstruse Pädophilie-Fantasie zeigt dazu die Wiederkehr des Verdrängten auf seiten der Rechten.
Spannend ist natürlich auch, dass Rechtsextreme oft dieselben Ressentiments umtreiben wie manche ihrer vermeintlichen Gegner.
Auch das ist die Wiederkehr des Verdrängten im Feindbild.
Es liegt natürlich aber u.a. auch daran, dass das Christentum in West und Ost
und der Islam eng verwandte Religionskulturen ausbilden.
Im Positiven wie im Negativen.
de.wikipedia.org/wiki/Damaskusaff%C3%A4re
Die calvinistischen Niederlande sind eben auch keine Insel der Seligen