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Zwei Monate nach der Tat

Weiter Unklarheit über Motiv bei Dresdner Terroranschlag auf schwules Paar

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft die sexuelle Orientierung der Opfer aus Prinzip verschwiegen und damit Gerüchte noch genährt, dass der Täter aus Homophobie gehandelt haben könnte. Noch heute ist das aber nicht sicher.


Der Tatort knapp vier Wochen nach der Attacke (Bild: Dresden.Respekt – Place to be! / twitter)

  • 4. Dezember 2020, 12:29h 6 2 Min.

Noch immer sind sich die Behörden unsicher, ob Homo­sexuellenfeindlichkeit das Motiv für die Messeattacke eines syrischen Islamisten auf ein schwules Paar am 4. Oktober in Dresden gewesen ist. Damals hatte der 20-jährige behördenbekannte Gefährder und IS-Anhänger Abdullah Al H.H. Thomas L. und seinen Freund Oliver L. mit einem Messer attackiert und schwer verletzt – Thomas starb an seinen Verletzungen und wurde später in seiner Heimatstadt Krefeld beigesetzt (queer.de berichtete).

Die "Sächsische Zeitung" berichtete in einem Artikel (Bezahlschranke) vom Freitag, dass Sicherheitskreisen Anthaltspunkte dafür fehlten, der mutmaßliche Täter habe die beiden Männer als Schwule wahrgenommen. "Die Tat war geplant, das war keine Affekthandlung. Das Messer hatte er sich vorher besorgt", wird eine Quelle zitiert.

Auch Thomas Mücke von der Organisation Violence Prevention Network, die sich mit der Deradikalisierung von Extremist*­innen beschäftigt, erklärte: "Ich wäre vorsichtig mit Homophobie als Tatmotiv." Schließlich habe der Verdächtige gewusst, dass er observiert werde und sei nicht geflohen. Möglich sei, dass ihm dies egal war und er einfach einem Drehbuch gefolgt sei, das er bereits seit langer Zeit in seinem Kopf gehabt habe.

Langes Schweigen der Behörden

Erst Wochen nach der Tat berichteten Medien, dass die beiden Opfer ein schwules Paar gewesen und auch in der Öffentlichkeit als solches aufgetreten sind. Diesen Umstand und damit mögliches Motiv verschwiegen die Behörden aber beharrlich (queer.de berichtete). Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt hatte etwa bei einer Pressekonferenz gesagt, man äußere sich zur sexuellen Orientierung von Tatopfern nicht, das sei schlicht "nicht unsere Aufgabe". Inzwischen ermittelt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

Diese Vogel-Strauß-Haltung der Behörden wurde von LGBTI-Aktivist*innen scharf kritisiert: "Ich bin mehr als irritiert, dass die Behörden ein wichtiges Tatmotiv verschweigen", sagte Jörg Litwinschuh-Barthel, der Chef der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, Ende Oktober zum "Tagesspiegel". "Das wäre zum Beispiel bei POC- oder jüdischen Opfern nicht passiert. Das sollte die LSBTIQ-Community aufhorchen lassen." (cw)

-w-

#1 KaiJAnonym
  • 04.12.2020, 16:06h
  • Die Sicherheitskräfte bezweifeln, dass es bei einem offen lebenden schwulen Paar Anhaltspunkte gegeben habe, dass der mutmassliche Täter sie als ein solches wahrgenommen habe. Auch die weitere "Begründung" und die des Thomas Mücke kann ich mit meiner Logik nicht erfassen. Wenn mutmassliche Schwulenfeindlichkeit bei einem mutmasslichen Islamisten nur als eine homophobe Handlung im Affekt und nicht als eine schwulenfeindlich geplante wahrgenommen werden kann, gibt es eben hier wie im allgemeinen keine und muss denn auch nie als Motiv in eine Anklage aufgenommen werden.
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#2 PiakAnonym
  • 04.12.2020, 16:29h
  • Und genau aus diesem Grund sollten Ermittlungsbehörden die Klappe halten. Da wird seit Jahren schon viel zu viel durchgestochen. Die öffentliche Erörterung und Feststellung der Tatmotive ist Sache der Gerichtsverhandlungen und Urteile.
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#3 Taemin
  • 04.12.2020, 16:44h
  • Seltsam, dass z.B. Juden nie zufällige,sondern immer ausgewählte Opfer sind. Bei Schwulen soll das anders sein. "Der Spiegel" hat ermittelt und veröffentlicht, dass der Täter schon vor dem Verbrechen Hasstiraden über Schwule verbreitet und sich einer Gewalttat gegen einen Schwulen gebrüstet hatte. Es mutet seltsam an, dass die Staatsanwaltschaft offenbar insoweit in ihrem Kenntnisstand weit hinter der Presse herhinkt.
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