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- 18.12.2020, 04:50hFrankfurt
- Widerlich. Die Sklaverei ist abgeschafft.
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In der Dramödie "Für immer dein" wünscht sich der dicke Belgier Henry einen Toyboy und eine billige Arbeitskraft, während der junge Argentinier Luca von Geld und einem besseren Leben träumt.
Wer kennt keine? Man begegnet schwulen binationalen Paare im Freundes- und Bekanntenkreis. Gelegentlich stammen die meist jüngeren Männer aus Brasilien, ab und an aus Tansania. Auf die Frage, wie habt ihr Euch kennengelernt kommt die Antwort: auf Planetromeo. Oder auch Grindr. Der belgische Regisseur und Drehbuchautor David Lambert widmet sich in "Für immer dein" aus dem Jahr 2014 einer besonderen Variante dieser Paare: wenn im alltäglichen Geben und Nehmen von romantischen Zweierbeziehungen auch finanzielle Unterschiede eine Rolle spielen.
Die Dramödie "Für immer dein", die jetzt im Salzgeber Club als Video on Demand läuft, ist David Lamberts zweiter Langfilm nach "Jenseits der Mauern". Erneut bringt er zwei Männer zusammen, die unterschiedlicher nicht sein können.
Von der argentinischen in die belgische Pampa
Da ist zum einen Luca (Nahuel Perez Biscayart). Der junge Argentinier lebt zu Beginn wortwörtlich in der südamerikanischen Pampa und will einfach nur weg. "Schick mir ein Ticket und ich gehöre dir!" verspricht er europäischen Männern beim Camsex . Der belgische Bäcker Henry (Jean-Michel Balthazar) nimmt ihn beim Wort und so findet sich Luca kurz darauf in der sprichwörtlichen belgischen Pampa wieder.
Europa hat sich der junge Mann kurzweiliger vorgestellt. Stattdessen gibt es eine ausgestopfte Katze im Wohnzimmer, kein eigenes Zimmer und nur ein Doppelbett. Zu nachtschlafender Zeit klingelt der Wecker, dann geht's ab in die Bäckerei, um Croissants zu backen.
Ein moralisches Unentschieden
Den berechnenden Absichten von Luca stellt der Film die eigennützige Kalkulation von Henry gegenüber. Er will sich an einem Toyboy im Bett wärmen und eine billige Arbeitskraft in der Backstube haben. Das moralische Unentschieden zwischen den beiden zieht sich als starkes Motiv durch den Film. Klar, dass sich die Männer einen Machtkampf liefern, bei dem sie keine Gefangenen machen. Blowjobs in der Backstube und eine Massage, die eskaliert, geben davon vielsagendes Zeugnis. Trotzdem schafft es Regisseur David Lambert zusammen mit den großartigen Schauspielern auch die Sympathien herauszukitzeln, die beide füreinander hegen.
Doch dann betritt ein dritter Player die Arena: eine Frau. Die Witwe Audrey (Monia Chokri) arbeitet als Verkäuferin im Bäckerladen, hat einen entzückenden kleinen Sohn und bringt eine überraschende Dynamik in das Duell der Männer. Die Frage, in welcher romantischen Konstellation der Film enden könnte, bekommt dadurch eine neue Dramatik.
Ausnahmeschauspieler Nahuel Perez Biscayart als Luca
Das Ensemble spielt auf hohem Niveau. Jean-Michel Balthazar wirft sich schonungslos mit ganzer Körperlichkeit in die Rolle des Bäckers Henry. Einerseits zeigt er sich liebenswert bis naiv, dann wieder brutal selbstbezogen. Diesen Balanceakt führt er voller Anmut vor.
Wie immer ist es eine Freude ist es, den Ausnahmeschauspieler Nahuel Perez Biscayart ("120 BPM") zu beobachten. Wie der Pianist in "Jenseits der Mauern" gibt er mit seinem Luca ein schillerndes Mannkind, das trotzig nach Liebe schreit und sich seine Unabhängigkeit auch gegen die eigenen Widerstände erkämpft. In einer der besten Szenen des Films beruhigt er den alptraumgeplagten Sohn Audreys im halbdunklen Kinderzimmer und spürt instinktiv, dass er sich diesen Trost auch selbst spendet.
Ein weiteres Highlight ist der Tanz zweier Männer in der Backstube. Beide im Smoking, der eine führt, der andere beginnt zu weinen und lehnt sich an. Kurz gefasst, dann tanzen sie weiter. Was für ein schönes Bild für eine Beziehung auf Augenhöhe.
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