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"Ich finde das traurig"

Schwule in der Politik: Spahn berichtet über "wüste Beleidigungen"

Der Gesundheitsminister erzählt, dass er wegen seiner Homosexualität oft Hass-Post erhält. Deswegen schlafe er aber nicht schlecht – auch der Pädo-Vergleich von Parteifreund Friedrich Merz habe ihn kalt gelassen.


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lässt sich homophobe Attacken nicht gefallen – gleichzeitig erklärte er, ihn belasteten derartige Angriffe nicht (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)

  • 22. Dezember 2020, 12:26h 27 2 Min.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in einem Interview mit der "Zeit" davon berichtet, dass er oft wegen seiner Homosexualität beschimpft wird. Derartige verbale Attacken gehörten "leider von jeher dazu", so Spahn. "Wüste Beleidigungen kommen vielfach auch per Post im Ministerium oder Bundestagsbüro an, viel davon zielt auf mein Schwulsein ab."

Weiter erklärte der ranghöchste offen schwule Politiker Deutschlands: "Leider ist es doch so: Wenn jemand etwas gegen einen anderen hat, sucht er sich schnell irgendein Merkmal, das er attackieren kann. Ob der andere dick oder dünn ist, klein oder groß. Frauen werden oft wegen ihres Frauseins angegriffen, Homosexuelle aufgrund ihrer Homosexualität", so Spahn. "Ich finde das traurig und will meinen Beitrag leisten, dass es sich ändert. Aber ich schlafe deswegen nicht schlecht."

Im September hatte ein homophober Corona-Leugner für Schlagzeilen gesorgt, als er Spahn bei einem Wahlkampfauftritt in Bergisch Gladbach als "schwule Sau" beschimpfte (queer.de berichtete). Spahn zeigte den 39-jährigen Täter an, dieser erhielt später für die Äußerung eine Geldstrafe in Höhe von 2.800 Euro (queer.de berichtete).

Merz-Äußerung hat Spahn nicht persönlich getroffen

Spahn wurde im Interview auch auf die Äußerung von Friedrich Merz angesprochen, der bei einem Interview im September Homosexualität mit sexuellem Missbrauch von Kindern in Zusammenhang gebracht hatte (queer.de berichtete). Selbst Spahn hatte dies damals kritisiert (queer.de berichtete). Jetzt gab sich Spahn schmallippig: Ihn habe der Satz von Merz persönlich nicht persönlich getroffen, versicherte er.

Für Merz' verklausulierte "Entschuldigung" zeigte Spahn Verständnis: "So eine Bitte fällt niemandem leicht. Ich will nicht ausschließen, dass ich auch in ähnlichen Momenten mal unnötige Relativierungen anbringe." Der Hintergrund: Merz hatte nach viel Kritik an seinem Pädo-Vergleich erklärt: "Wenn sich irgendjemand davon persönlich getroffen gefühlt hat, bedauere ich das wirklich sehr" (queer.de berichtete). Gleichzeitig behauptete der frühere Unionsfraktionschef gebetsmühlenartig, falsch verstanden worden zu sein – und behauptete, Kritik an seinem Vergleich seien lediglich Attacken von politischen Feinden. Auch Spahns Kritik stieß Merz sauer auf: In der ZDF-Show "Markus Lanz" sagte er: "Ich hätte mir von einem Parteifreund auch eine andere Reaktion vorstellen können" (queer.de berichtete).

In dem "Zeit"-Interview sprach Spahn auch davon, wie wichtig Verzeihen in der Politik sei: "Unerbittlichkeit steht dem Zusammenhalt und dem Fortschritt im Weg. Es bremst uns aus, lässt uns versteinern", sagte der 40-Jährige. (dk)

-w-

#1 DuMeineGüteAnonym
  • 22.12.2020, 13:51h
  • Kurz zusammengefasst: Wüste Beleidigungen gehörten nun mal dazu. Queerfeindliche Beleidigungen seien genauso normal wie andere Beleidigungen. Sie würden vor allem auch nur ausgesprochen, wenn jemand sowieso schon etwas gegen einen habe. Schlecht schlafen müsse man deshalb noch lange nicht - man dürfe es einfach nicht so an sich heranlassen. Wen sowas persönlich treffe, der habe einfach kein ausreichend dickes Fell. Wenn jemand sich halbherzig für queerfeindliche Beleidigungen entschuldige, dann müssten wir dafür Verständnis zeigen.

    Ich kann gar nicht genügend zum Ausdruck bringen, wie sehr mich diese Haltung abstößt.
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#2 AtreusEhemaliges Profil
  • 22.12.2020, 14:01h
  • Wenn mein homophober Neonazi von Bruder mich mit Pädophilen vergleicht, darf mir das egal sein, weil ich weis, dass er nur einen weiteren armseligen Versuch unternimmt, mich zu kränken und ich obendrein von seinem beschränkten Denkvermögen weis. Wenn aber ein Merz das sagt, darf es niemandem egal sein, weil Merz kein Chemikant bei der BASF ist, sondern die Führung der einzig verbliebenen Volkspartei beansprucht und dieses Gedankengut logischerweise seine politische Arbeit beeinflusst und somit bei Regierungsverantwortung für jeden queeren Bürger in der BRD relevant, bzw. zum Problem wird!

    Auch das Herr Spahn den Vergleich von Homosexualität mit Pädophilie als "unnötige Relativierung" betituliert, zeigt doch, dass er unfähig ist für queere Belange zu sprechen, geschweige denn als Streiter gegen Homophobie zu bezeichnen ist. Merz hat nicht unnötig relativiert, sondern mit voller Absicht Homosexuelle mit verbrecherischen Kinderschändern in Verbindung gebracht, weil er das Eine nicht ohne das Andere denken kann. Diesen Eindruck hat er im Übrigen auch durch mehrere anschließende Auftritte bei Lanz und Co. untermauert.
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#3 qwertzuiopüAnonym
  • 22.12.2020, 14:11h
  • Antwort auf #1 von DuMeineGüte
  • Er ist Spitzenpolitiker und sein Ziel ist es Kanzler zu werden, würde er sich in einem Interview über Beleidigungen aufregen, würde er damit Schwäche zeigen. Für seine Gegner wäre es doch ein Geschenk, ihn öffentlich in Schutz nehmen zu können, genau so wie er sich jetzt gönnerhaft gegenüber Merz zeigen kann. Alles Dominanzverhalten..
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