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"Ich finde das traurig"
Schwule in der Politik: Spahn berichtet über "wüste Beleidigungen"
Der Gesundheitsminister erzählt, dass er wegen seiner Homosexualität oft Hass-Post erhält. Deswegen schlafe er aber nicht schlecht – auch der Pädo-Vergleich von Parteifreund Friedrich Merz habe ihn kalt gelassen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lässt sich homophobe Attacken nicht gefallen – gleichzeitig erklärte er, ihn belasteten derartige Angriffe nicht (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
- 22. Dezember 2020, 12:26h 2 Min.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in einem Interview mit der "Zeit" davon berichtet, dass er oft wegen seiner Homosexualität beschimpft wird. Derartige verbale Attacken gehörten "leider von jeher dazu", so Spahn. "Wüste Beleidigungen kommen vielfach auch per Post im Ministerium oder Bundestagsbüro an, viel davon zielt auf mein Schwulsein ab."
Weiter erklärte der ranghöchste offen schwule Politiker Deutschlands: "Leider ist es doch so: Wenn jemand etwas gegen einen anderen hat, sucht er sich schnell irgendein Merkmal, das er attackieren kann. Ob der andere dick oder dünn ist, klein oder groß. Frauen werden oft wegen ihres Frauseins angegriffen, Homosexuelle aufgrund ihrer Homosexualität", so Spahn. "Ich finde das traurig und will meinen Beitrag leisten, dass es sich ändert. Aber ich schlafe deswegen nicht schlecht."
Im September hatte ein homophober Corona-Leugner für Schlagzeilen gesorgt, als er Spahn bei einem Wahlkampfauftritt in Bergisch Gladbach als "schwule Sau" beschimpfte (queer.de berichtete). Spahn zeigte den 39-jährigen Täter an, dieser erhielt später für die Äußerung eine Geldstrafe in Höhe von 2.800 Euro (queer.de berichtete).
Merz-Äußerung hat Spahn nicht persönlich getroffen
Spahn wurde im Interview auch auf die Äußerung von Friedrich Merz angesprochen, der bei einem Interview im September Homosexualität mit sexuellem Missbrauch von Kindern in Zusammenhang gebracht hatte (queer.de berichtete). Selbst Spahn hatte dies damals kritisiert (queer.de berichtete). Jetzt gab sich Spahn schmallippig: Ihn habe der Satz von Merz persönlich nicht persönlich getroffen, versicherte er.
Für Merz' verklausulierte "Entschuldigung" zeigte Spahn Verständnis: "So eine Bitte fällt niemandem leicht. Ich will nicht ausschließen, dass ich auch in ähnlichen Momenten mal unnötige Relativierungen anbringe." Der Hintergrund: Merz hatte nach viel Kritik an seinem Pädo-Vergleich erklärt: "Wenn sich irgendjemand davon persönlich getroffen gefühlt hat, bedauere ich das wirklich sehr" (queer.de berichtete). Gleichzeitig behauptete der frühere Unionsfraktionschef gebetsmühlenartig, falsch verstanden worden zu sein – und behauptete, Kritik an seinem Vergleich seien lediglich Attacken von politischen Feinden. Auch Spahns Kritik stieß Merz sauer auf: In der ZDF-Show "Markus Lanz" sagte er: "Ich hätte mir von einem Parteifreund auch eine andere Reaktion vorstellen können" (queer.de berichtete).
In dem "Zeit"-Interview sprach Spahn auch davon, wie wichtig Verzeihen in der Politik sei: "Unerbittlichkeit steht dem Zusammenhalt und dem Fortschritt im Weg. Es bremst uns aus, lässt uns versteinern", sagte der 40-Jährige. (dk)















Ich kann gar nicht genügend zum Ausdruck bringen, wie sehr mich diese Haltung abstößt.