Gleichgeschlechtlicher Sex soll nach den Vorstellungen von Deutschlands oberstem Katholiken keine Sünde mehr sein. In einem historischen Interview mit der Kirchenzeitschrift "Herder Korrespondenz" (Januarausgabe) sprach sich Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), dafür aus, den Katechismus in Fragen der Homosexualität zu ändern. Zuerst berichtete die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) darüber.
Der 1992 von Papst Johannes Paul II. herausgegebene "Weltkatechismus" regelt die Grundfragen des Glaubens in der römisch-katholischen Kirche. Demnach ist es zwar keine Sünde, homosexuell zu sein – Lesben und Schwulen sei ohne Diskriminierung und mit "Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen". Gleichgeschlechtlicher Sex wird allerdings als "in sich nicht in Ordnung" verurteilt.
Bätzing auch für Segnung homosexueller Paare
In dem Interview sprach sich Bätzing auch – wie bereits im Mai – für kirchliche Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren sowie von geschiedenen Menschen aus. "Wir brauchen hierfür Lösungen, die nicht nur im Privaten greifen, sondern auch eine öffentliche Sichtbarkeit haben – aber deutlich machen, dass keine Ehe gestiftet wird", so der Limburger Bischof. Solche Segnungen seien möglicherweise ohne eine offizielle Anerkennung aus dem Vatikan machbar.
Gegenüber der "Herder Korrespondenz" unterstützte der DBK-Vorsitzende auch die Forderung, das Verbot der Diakonen- und Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche zu beenden. Um weiterreichende Veränderungen zu diskutieren, hält er ein neues gesamtkirchliches Konzil für denkbar.
Im vergangenen Jahr warnte Bätzing noch vor einer Kirchenspaltung
Georg Bätzing ist seit dem 3. März als Nachfolger von Reinhard Marx Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er hatte immer wieder weltoffene Kräfte in der katholischen Kirche unterstützt. 2018 stellte er sich etwa hinter Ansgar Wucherpfennig (queer.de berichtete). Der Jesuitenpater war vom Vatikan von seinem Posten an der Spitze der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main geschasst worden, weil er eine stärkere kirchliche Anerkennung von Lesben und Schwulen gefordert hatte. Nach Protesten nahm der Vatikan fünf Wochen später die Entlassung zurück (queer.de berichtete).
Wegen seiner vergleichsweise offenen Haltung musste Bätzing auch die Häme von Homo-Hassern über sich ergehen lassen. Im Mai letzten Jahres tauchten etwa in seiner Heimatstadt Limburg homophobe Flyer auf, in denen Bätzing vorgeworfen wurde, sich vor der "Homo-Lobby" zu "bücken" (queer.de berichtete). Anlass war lediglich eine mit Unterstützung des Bischofs gegründete Arbeitsgruppe, die über Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare "ergebnisoffen" diskutieren sollte.
Nioch vor einem Jahr lehnte es der Bischof trotz seines liberalen Rufes ab, am Verbot von Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare zu rütteln, und begründete dies mit Treue zum Vatikan: "Wenn der Bischof Georg sagt, in Limburg gibt es Segensfeiern für Homosexuelle, dann gibt es morgen den Bischof Georg nicht mehr, weil der Heilige Vater sagt, dass der Bischof nicht mehr die Verbindung zur Kirche hat", meinte Bätzing im August 2019 gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er wolle eine Spaltung der Kirche verhindern (queer.de berichtete). (cw)
Mit Glauben hat das alles nichts zu tun. Es geht um das Geld der Kirchensteuerzahler.